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Europäischer Drogenbericht 2012 – Rückgang des Heroin- und Kokainkonsums

| Bild: © n.v.

Gibt der neueste Drogenbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) Anlass zur Hoffnung? In der aktuellen Studie sind Anzeichen für eine Stabilisierung, wenn nicht sogar für einen Rückgang des Gebrauchs von Rauschgiften in Europa zu erkennen.

Der Bericht stellt fest, dass das Angebot sowie der Verbrauch von Heroin und Kokain auf dem europäischen Markt zurückgegangen sind. Und auch bei allen psychoaktiven Substanzen wie Alkohol, Tabak und Cannabis, so schreibt die EBDD, wiesen die Indikatoren auf einen Rückgang oder eine Stabilisierung hin 1).

Der Abwärtstrend bzw. die konstanten Konsumraten sind auf eine Vielzahl von Gründen zurückzuführen. Ein wesentlicher Grund sei die Ausweitung des Behandlungsangebots für Heroinkonsumenten, der dazu geführt hat, dass ein beträchtlicher Teil der Nachfrage vom Markt genommen wurde 1). Außerdem hat in einigen Ländern die verstärkte internationale Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte zu einer Verringerung des Angebots geführt.

Eine weitere Erklärung für die Rückläufigkeit von Heroin findet der Bericht in der verbesserten Gesundheitspolitik, die die Zahl der HIV-Infizierten im Westen Europas hat sinken lassen. Gesundheitspolitische Maßnahmen, wie die verbesserte Verfügbarkeit von Präventions- und Behandlungsmaßnahmen sowie Substitutionsbehandlungen, Nadel- und Spritzenaustauschprogramme trugen dazu bei, den injizierenden Drogenkonsum sowie die Anzahl der HIV-Infizierten zu reduzieren 2). Der leichtere Zugang zu Substitutionsstoffen und –therapien hilft, die Leute aus der Beschaffungskriminalität herauszuholen und sie medizinisch zu versorgen 3). Gleichzeitig ist das qualitativ mangelhafte Gesundheitssystem im Osten Europas Grund für den dortigen, starken Anstieg von HIV-Infizierten.

Heroin ist seit rund 40 Jahren die gefährlichste illegale Droge in Europa. Keine andere hat mehr Leiden ausgelöst, keine mehr Menschen getötet. Doch das könnte bald der Vergangenheit angehören: Man stehe möglicherweise vor „einer neuen Ära, in der Heroin keine zentrale Rolle mehr für Europas Drogenproblem spielt“, so die EBDD 4).

Diese positiven Tendenzen setzen sich auch beim Kokain- und Cannabiskonsum fort: so verliert dem Bericht zu Folge auch Kokain und Crack an Bedeutung auf dem Konsumentenmarkt. Cannabis ist nach wie vor die am weitesten verbreitete illegale Substanz und vorherrschendes Produkt auf dem europäischen Drogenmarkt. Der Cannabiskonsum ist in den 90er Jahren und nach der Jahrtausendwende stetig angestiegen. Doch auch hier erkennt der Bericht relativ stabile Tendenzen beim Verbrauch in vielen Ländern, auch wenn die Konsumrate nach wie vor sehr hoch ist: 15,4% der 15-24 Jährigen haben in den letzten 12 Monaten Cannabisprodukte konsumiert 2).

Doch die positiven Trends in Bezug auf den Konsum der beiden Massendrogen Heroin und Kokain veranlassen nur bedingt zur Hoffnung. Schnell haben neue synthetisch hergestellte Ersatzsubstanzen den Markt erobert. Die neuen Substitutionen, wie Fentanyl, Buprenophil Cathinone, Benzodiazepine und Amphetamine sind bis zu 100-mal so toxisch wie Heroin 2).

Besonders das Methamphetamin, auch als Crystal Meth bekannt, war bisher nur ein so genanntes Inselproblem. Jetzt verbreitet sich die synthetische Droge auch zunehmend in anderen europäischen Ländern. Das Amphetamin ist sehr einfach herzustellen, da die Produktion nicht an klimatische oder geographische Gegebenheiten gebunden ist. Zusätzlich kann es weniger zeit- und kostenintensiv produziert werden und erzielt somit höhere Gewinne beim Verkauf als pflanzenbasierte Drogen 5).

Die Hersteller sind bei der Produktion besonders kreativ und bringen ständig neue Substanzen auf den Markt. Diese müssen erst untersucht werden und können bis dahin sogar legal vermarktet werden. Zwischen 2005 und 2011 wurden offiziell mehr als 164 neue psychoaktive Substanzen gemeldet. 2011 wurde im dritten Jahr in Folge eine Rekordzahl erstmalig entdeckter Substanzen gemeldet und zwar 49 neue Substanzen – in einem Jahr 4). Es ist daher besonders schwierig, auf diese ständig wechselnden Stoffe auf dem Markt angemessen zu reagieren. Es ist noch unklar, wie man wirksam gegen den Konsum neuer Drogen vorgehen soll und welche Therapiemaßnahmen sinnvoll sind. Daher stellen die neuen, synthetisch hergestellten Drogen, die jetzt den Markt überschwemmen, oft ein größeres gesundheitliches Risiko dar, als die herkömmlich  konventionellen Drogen.

 

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. FAZ – Abwärtstrend bei Kokain und Heroin
  2. EBDD – Jahresbericht 2012
  3. Europa Press Release – Drogenbericht
  4. Spiegel Online – Synthetische Drogen verdrängen Heroin
  5. Drogen Macht Welt Schmerz – Drogen

2 Gedanken zu „Europäischer Drogenbericht 2012 – Rückgang des Heroin- und Kokainkonsums“

  1. informier dich bitte – seit 2009 ist diacetylmorphin (heroin!) in germany als substitutionsmittel für schwerstabhängige zugelassen, wenn: 23 Jahre alt, 2 erfolglose Therapien bisher und mind. 5 jahre abhängigkeit.

  2. Die Substitutionsprogramme haben in erster Linie gebracht, dass Ärzte sich eine `Goldene Nase `verdienen und größtenteils ihre Aufsichtspflicht völlig außer acht lassen.
    Außerdem kommt nicht jeder Opiatabhängige mit den Haupsubstituten klar, abgesehen davon, dass sie noch viel abhängiger machen als Heroin.
    Warum werden in Deutschland nicht für jeden Langzeitabhängigen, der schon Therapie, Metadon usw. hinter sich hat, Möglichkeiten geschaffen mit Heroin substituiert zu werden?!
    Grüße Budboy

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