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Chicago erklärt Drogenboss „El Chapo“ zum Staatsfeind Nr. 1

Kaum ein Verbrecher ist so berühmt und berüchtigt wie Al Capone, welcher in den 1920er- und 1930er-Jahren die Chicagoer Unterwelt kontrollierte und durch Prostitution, illegales Glücksspiel und besonders Alkoholhandel Unsummen verdiente. Schließlich wurde er so mächtig, dass ihn der Chicago Crime Commission (CCC) gar zum „Staatsfeind Nr. 1“ erklärte.

Nun hat er einen würdigen Nachfolger gefunden. Wie die CCC erst kürzlich verkündete, wurde der Drogenboss Joaquín Guzmán Loera – genannt „El Chapo“ (spanisch für „der Kleine“) – nun, als erste Person seit Capone – mit dem gleichen Prädikat „ausgezeichnet“. „El Chapo“ ist Anführer des mexikanischen Sinaloa-Kartells, welches nahezu den gesamten Drogenbedarf der Stadt Chicago deckt. 1)

Die CCC begründete die Entscheidung mit drastischen Worten: „Was Al Capone für Bier und Whiskey während der Prohibition war, ist Guzmán für Betäubungsmittel“, erklärt Art Bilek, Vize-Präsident der CCC. „Von den beiden ist Guzmán die viel größere Bedrohung. Er hat mehr Macht und finanzielle Möglichkeiten als Capone jemals hatte.“ Guzman sei von derartiger „Bösartigkeit“, dass er sich den Titel als Staatsfeind Nr. 1 redlich verdiene.

Guzmán wurde 1955 oder 1957 im Bundesstaat Sinaloa geboren und geriet früh über seinen Vater, welcher Schlafmohn anbaute, ins Drogengeschäft. Nachdem er Anfang der 80er-Jahre zum Logistikchef des gefürchteten Kartells aufstieg, leitet er es spätestens seit dem Ende der 90er-Jahre zusammen mit Ismael Zambada. Früh entdeckte er, dass synthetische Drogen viel rentabler sind als Kokain und wählte Guatemala als Zwischenlager für die zu schmuggelnden Drogen. Ebendort wurde er 1993 verhaftet und in Mexiko zu 20 Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, bevor ihm 2001, versteckt unter einem Stapel Wäsche, die Flucht gelang. 2) Seitdem versteckt er sich in seinem Heimatland, bei seiner Ergreifung winken fünf Millionen US-Dollar als Belohnung.

Sein Vermögen wird von „Forbes“ auf über eine Milliarde US-Dollar geschätzt. Das US-Finanzministerium bezeichnete ihn als „weltweit mächtigsten Drogenhandler“, seit dem Tod von Osama Bin Laden gilt er zudem als meistgesuchter Verbrecher der Welt. Viele Mythen ranken sich um ihn – angeblich soll er nur 1,55m groß und einst Analphabet gewesen sein, während mittlerweile behauptet wird, er sei ein exzellenter Schachspieler und würde nie ohne ein vergoldetes AK-47-Gewehr zu Bett gehen. Unbestritten ist dagegen seine einzigartige Macht. Das Sinaloa-Kartell soll in 53 Ländern 21 unterschiedlichen kriminellen Aktivitäten nachgehen. „Das Kartell von Sinaloa ist längst keine Rauschgiftmafia mehr, sondern ein höchst diversifiziertes Verbrechersyndikat, das nur noch rund 50 Prozent seines Umsatzes mit Drogenhandel macht“, betont Edgardo Buscaglio, ausgewiesener Experte der mexikanischen Drogenwelt. Mittlerweile würde sie auch mit Produktpiraterie, Schmuggel und Menschenhandel Geld verdienen und gar legale Wirtschaftszweige anzapfen. Oder, wie es Buscaglia sagt: „Das Sinaloa-Kartell ist eine Krake mit hundert Armen.“ 3)

Gefasst wurde der Kopf der Krake jedoch immer noch nicht, dabei wird er in schöner Regelmäßigkeit an verschiedensten Orten Mexikos gesichtet. Vor ein paar Monaten soll er Vater von Zwillingen geworden sein – in einer Privatklinik in Kalifornien.

In dem Drogenkrieg, welcher immer noch zwischen den Kartellen und der mexikanischen Regierung tobt, sollen Erstere für über 50.000 Tote verantwortlich sein. „Guzmán hat seine Fingerabdrücke auf den Waffen, die die Kinder unserer Stadt töten“, so CCC-Mann Bilek. Auch zur Skrupellosigkeit von „El Chapo“ meint Jack Riley von der Drogenvollzugsbehörde nur: „Würde man Guzmán und Capone in einen Ring werfen – El Chapo würde ihn bei lebendigem Leibe fressen.“

Capone selbst war, nachdem er zum Staatsfeind Nr. 1 erklärt worden war, schließlich festgenommen und inhaftiert worden. Bilek resümiert: „Wir hoffen, dass das gleiche auch mit ihm passiert“. 4)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Chicago hat mit Drogenboss neuen „Staatsfeind Nr. 1“ „El Chapo“ – Krone.at – aufgerufen am 15.02.2012
  2. Kühl, gewieft und wendig – TAZ – aufgerufen am 15.02.2013
  3. Mexikos Drogenbaron Guzmán: Auf der Jagd nach dem kleinen Big Boss – Spiegel Online – aufgerufen am 15.02.2013
  4. Joaquin Guzman Loera, Mexican Drug Cartel Kingpin, Is Chicago’s New Public Enemy No. 1 – CBS News – Englisch – aufgerufen am 25.5.2016

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