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Der Kampf gegen Gewalt in brasilianischen Favelas

| Bild: © n.v.

Innerhalb von 25 Minuten hat das brasilianische Militär zusammen mit der Polizei den Slumbezirk Caju in Rio de Janeiro eingenommen. Die Aktion, an der 1400 Mann, Militärfahrzeuge und Helikopter beteiligt waren, richtete sich gegen die Drogenkartelle, die die Gegend seit mehreren Jahren mit Waffengewalt kontrollierten. Kurz vor der Olympiade will die Regierung die Zustände nicht mehr tolerieren. Dabei stand aber vor allem die symbolische Wiedergewinnung der Staatsgewalt im Vordergrund, denn die Drogendealer hatten das Viertel schon nach der Ankündigung des Schlages vor einigen Wochen verlassen. So kam es lediglich zu 12 Verhaftungen. 1)

In den vergangenen Jahren hat sich in Brasilien ein ernstes Drogenproblem entwickelt. Die Gesundheitsbehörden sprechen von einer „Crack- Epidemie“, die das ganze Land befallen habe. 2) Auch die UNODC geht davon aus, dass der Kokain-Konsum in Brasilien, im Gegensatz zum Rest Südamerikas, in den letzten Jahren massiv zugenommen hat. Doch genaue Zahlen liegen nicht vor.

Viele sehen die Ursache des Problems in Brasiliens Nachbarländern, in denen der Koka Anbau blüht. Etwa 90% des Kokains in Brasilien kommt aus Bolivien und Peru. 3) Das lohnt sich vor allem auch, weil die Nachfrage in Brasilien, trotz des 2 Milliarden US- Dollar schweren Präventionsprogramms der Regierung, angezogen hat. Abhängige klagen über den Mangel an Chancen der Armut und dem Elend zu entkommen. Aufgrund der euphorisierenden Wirkung von Kokain bzw. Crack versuchen immer mehr Menschen so ihrem traurigen Alltag zu entkommen. 2)

Betrachtet man das ganze Bild, verschlimmert die steigende Nachfrage die Situation für die Bewohner der Favelas erheblich. Die Erlöse aus den Drogengeschäften stellen für das Organisierte Verbrechen einen sprudelnde Einnahmequelle dar, die sie mit aller Gewalt verteidigen. Wie in anderen südamerikanischen Ländern scheint ein Kampf Staat gegen Kartelle ausgebrochen zu sein, bei dem beide Seiten stark aufgerüstet sind. Viele sind inmitten des Kriegsschauplatzes zwischen rivalisierenden Banden, der Drogenpolizei, dem Militär und Bürgerwehren, die teilweise paramilitärischen Todeskommandos gleichen, gefangen. 4) Das Ergebnis sind ca. 50.000 Morde im Jahr. 5)

Viele Banden, die ein gut organisiertes Verteiler Netzwerk für Kokain aufgebaut haben 2) , gründeten sich Anfang der 90er in brasilianischen Gefängnissen.  Die wohl bekannteste Gang, die „Primeiro  Commando de Capital“ (PCC) aus Sao Paulo, initiierte 2006 einen Aufruhr gegen die Sicherheitskräfte bei dem 40 Polizisten und Hunderte Bandenmitglieder umkamen. Es kommt auch immer wieder zu gezielten Hinrichtungen von Staatsbeamten außer Dienst. 4)

Seit 2011 versucht die Regierung durch Stationierung mehrerer Polizeieinheiten in den gefährlichen Gebieten der Lage Herr zu werden. Doch das Leben der Bewohner wird dadurch stark von den Sicherheitskräften bestimmt. Die Einsatzkräfte sollen für 30% der zu Tode gekommenen Unbeteiligten verantwortlich sein. Zudem ist Korruption ein großes Problem, einige Polizisten kooperieren mit den Banden. Andere bilden inoffiziell Todeskommandos und begehen Auftagsmorde. Manche sind auch Mitglieder bei den „Militias“. In Favelas, die von solchen Gruppen kontrolliert werden, wie angeblich in einem Drittel der Favelas in Rio, ergeht es der Bevölkerung oft kaum besser als unter der Herrschaft der Drogenkartelle. Die „Militias“ wurden lange toleriert, da sie ein Gegengewicht zu den Kartellen bieten. 5)

Ob unter solchen Bedingungen der Plan der Behörden gelingt, das “Selbewußtsein der Bevölkerung, die seit Jahren von Verbrechen, Drogen und Waffen aufgefressen“ wird, durch die Etablierung von Sicherheitskräften wiederherherzustellen 6)? Auf jeden Fall müssten Sicherheitskräfte wie von Menschenrechtsorganisationen gefordert 7) beim Missbrauch ihrer Macht vermehrt zur Verantwortung gezogen werden.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Rio police seize slums in drug-trafficking battle“ – Global Times – aufgerufen am 04.03.2013
  2. „Brazil’s Drug Epidemic: Welcome To ‚Crackland’“ – npr – aufgerufen am 04.03.2013
  3. „Brazil: Crime situation” –  Immigration and Refugee Board of Canada – aufgerufen am 04.03.2013
  4. „What’s Killing Brazil’s Police?“ – New York Times – aufgerufen am 04.03.2013
  5. Brazil: Crime situation” –  Immigration and Refugee Board of Canada – aufgerufen am 04.03.2013
  6. „Operation to clear Rio’s favelas underway“ – eurunews – aufgerufen am 04.03.2013
  7. „World Report 2012 – Brazil“ – Human Rights Watch – aufgerufen am 04.03.2013

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