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Amnestie für politische Gefangene in Myanmar: Ein Schritt in die richtige Richtung?

| Bild: © n.v.

Myanmars Präsident Thein Sein verspricht bis Ende dieses Jahres, alle politischen Gefangenen freizulassen. Er sagte bei einem Treffen mit dem britischen Premierminister Cameron: „Wir streben nichts anderes an als den Übergang von einem halben Jahrhundert Militärherrschaft zur Demokratie. Es kann gut sein, dass wir in den kommenden Wochen einen landesweiten Waffenstillstand erreichen.“ Myanmar wurde bis 2010 von einem Militärregime regiert und befindet sich offiziell in einem Reformprozess. Es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Militär und marginalisierten Minderheiten wie beispielsweise den muslimischen Rohingya, die Myanmars Regierung als illegale Einwanderer betrachtet. Ist Theins Ankündigung also ein weiterer Schritt in Richtung Demokratie und zu weniger Drogenwirtschaft? 1) 2)

Myanmar – auch bekannt als Birma – wurde 1948 vom Vereinten Königreich in die Unabhängigkeit entlassen. 1962 übernahm das Militär die Herrschaft in Myanmar. Vor drei Jahren begann sich das südostasiatische Land zu öffnen. Bereits 2011 wurden 2000 politische Gefangene entlassen. 3) 4) Dennoch sind ethnische Minderheiten in Myanmar im Vergleich zur burmesischen Mehrheit sozial und wirtschaftlich schlechter gestellt. Sie streben nach Autonomie und stehen in Konflikt mit der Regierung. Das Regime reagierte auf diese Bestrebungen gewaltsam und definierte damit ihren Herrschaftsanspruch. In den Konfliktregionen entwickelte sich nach und nach eine Kriegswirtschaft, indem man begann, z. B. Schlafmohn anzubauen. 4)

Myanmar ist einer der größten Opiumproduzenten der Welt. Hinzu kommen Amphetamine, die in den unzugänglichen Regionen in Fabriken in großer Stückzahl hergestellt werden. So weit, so ungewöhnlich, wäre da nicht die Verknüpfung mit dem Militär, mit der Regierung, aber auch mit den Widerstandstruppen der ethnischen Minderheiten. 3)

Ein Beispiel: Als vor zwei Jahren ein Erdbeben die Region erschütterte, wurde ausländischen Helfern der Zugang in die Region verwährt. Man munkelt, die Armee wolle den Schlafmohnanbau vertuschen, zu dem sie die Bauern angeblich zwingen. Die Soldaten, in anderen Gebieten auch ethnische Milizen, schlagen gute Gewinne daraus und finanzieren damit ihren Unterhalt bzw. ihren Widerstand gegen das Regime. 5) 6) 7) 5) 6)

Die Regierung in Myanmar hat sich also zum Ziel gesetzt, ein demokratischerer Staat zu werden. Kleine Schritte wie z. B. Wahlen, die Zulassung von Parteien und die Freilassung von politischen Gefangenen sind getan. Ist Theis Versprechen eine weitere Stufe in Richtung Demokratie – und zu weniger Drogenproduktion? Ja 8) und nein. Ja, weil die Ankündigung zumindest ein verbales Bekenntnis ist. Aber, es sind Kinderschritte. Die Umsetzung dieses Ziels hängt von vielen Faktoren ab.

Die Marginalisierung der Minderheiten kann nicht von heute auf morgen aufgehoben werden. Myanmar expandiert seine Drogengeschäfte jetzt auch nach China. 7) Die Kriegsökonomie, die zum Großteil auf der Opiumgewinnung fußt, wird nicht so einfach zu unterdrücken sein, weil sie die finanzielle Lebensquelle vieler Menschen – Soldaten, Milizen, Bauern – darstellt. Das Drogengeschäft hat eine komplexe Eigendynamik entwickelt, die schwierig zu entwirren ist. Aber ein Abschwellen des Konflikts könnte zu einem Rückgang des Opiumanbaus führen. Zwar bemüht sich die Regierung um die Reduktion des Drogenanbaus 9), doch der Anbau von Opium ist im vergangenen Jahren eher gestiegen., 10)

Myanmars Reformbewegungen und die Bemühungen um Waffenstillstandsabkommen könnten also wirklich ein Zeichen dafür sein, dass das Interesse des Staates an allen Bürgern und Volksgruppen gewachsen ist. Vielleicht ist es aber auch nur ein Weg, um sich auf internationaler Ebene zu profilieren: So könnte Myanmar z. B. eher Sanktionen ausweichen und Zugang zum europäischen Markt erhalten. 4) 11) Die Verhaftung von Menschenrechtlern in den letzten Wochen könnte ein Beweis dafür sein. 12) Trotz all dieser Schwierigkeit darf ruhig gesagt werden: Es ist ein richtiger Schritt auf dem bergigen Weg zur Demokratie, auf dem viele Steine im Weg liegen.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Die Welt: Birma will alle politischen Gefangenen freilassen – aufgerufen am 22.9.14
  2. Myanmars Präsident verspricht Freilassung aller politischen Gefangenen – Zeit Online – zuletzt aufgerufen am 19.7.2013
  3. Wikipedia zu Myanmar – Wikipedia – zuletzt aufgerufen am 18.7.2013
  4. Dossier Innerstaatliche Konflikte Birma/Myanmar – bpb – zuletzt aufgerufen am 18.7.2013
  5. Das Goldene Dreieck der Generäle – Tagesspiegel.de – zuletzt aufgerufen am 18.7.2013
  6. Poisened Hills – Palaung Women´s Organization – Englisch – zuletzt aufgerufen am 18.7.2013
  7. Drug economics in Burma’s new political order – mizzima.com – Englisch – zuletzt aufgerufen am 18.7.2013
  8. In Myanmar, Sanctions Have Had Their Day – NY Times – Englisch – zuletzt aufgerufen am 19.7.2013
  9. Are half of Burma’s poppy fields up in smoke? – globalpost – Englisch – 19.7.2013
  10. World Drug Report 2012UNODC – Englisch – zuletzt aufgerufen am 19.7.2013
  11. European Union: Die EU öffnet ihren Markt wieder für Birma/Myanmar – zuletzt aufgerufen am 9.6.15
  12. Myanmar: Arrests continue amid promise to release all prisoners of conscience – Amnesty International – Englisch – zuletzt aufgerufen am 19.7.2013