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Waffenexporte in Drittländer – Menschenrechtsverletzungen vorprogrammiert?!

| Bild: © n.v.

Über die Beteiligung der Bundeswehr an Auslandseinsätzen mag man streiten, aber stattdessen Waffen in Krisengebiete zu liefern ist eine denkbar schlechte, da risikoreiche Alternative. Auch wenn die deutschen Rüstungsexporte in den letzten Jahren, von einigen Schwankungen abgesehen, keinen weiteren Aufschwung erfuhren, so ist dies keineswegs ein Grund zur Beruhigung. 1) Ganz gleich ob deutsche Rüstungsfirmen wie Heckler & Koch ihre Waffen nach Mexiko, Saudi-Arabien oder nach Singapur exportieren, ein gewisses Muster wird zunehmend sichtbar.

So machen die Kriegswaffenlieferungen an Drittländer, also an Staaten wie Saudi-Arabien, die weder der EU noch der NATO angehören, mittlerweile zwei Drittel der gesamten Ausfuhren aus. Eine gefährliche Entwicklung, sind doch gerade hier Menschenrechtsverletzungen keine Seltenheit. Im vergangenen Jahr wurden Waffen im Wert von mehr als einer Milliarde Euro nach Saudi-Arabien geliefert 2), obwohl Gewalt gegen Dissidenten und andere Minderheiten bis heute gängige Praxis ist. 3)

Im Mai dieses Jahres hat Heckler & Koch erstmals zugegeben, illegal Waffen in Unruheprovinzen Mexikos geliefert zu haben. 4) Auch wenn sich die Konzernspitze von zwei Mitarbeitern, die für die Lieferung verantwortlich sein sollen, distanziert hat, ist es doch mehr als nur zweifelhaft, dass keine führenden Kräfte in dieses Projekt eingeweiht gewesen sein sollen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass Heckler & Koch bereits seit Jahren verdächtigt wird,  illegale Waffenlieferungen zu tätigen, sind diese „Bauernopfer“ vermutlich nur die  Spitze des Eisbergs.

Wie verantwortungslos Waffenlieferungen in mexikanische Provinzen sind, die von den Drogenkartellen kontrolliert werden, zeigt allein die Tatsache, dass im Zuge des Drogenkrieges seit dem Eingreifen des Militärs im Jahre 2006 mehr als 70.000 Menschen ihr Leben ließen. Selbst ehemals florierende Großstädte sind vor den Drogenkartellen nicht gefeit. 5) Diese Zustände, wo der Staat zusehends an Macht verliert, sind sonst eher Charakteristika für afrikanische Entwicklungsländer.

Aufgrund dieser Entwicklung, die auch nicht durch die Festnahme von hochrangigen Kartellmitgliedern umgekehrt werden kann, gewinnt eine Alternative zumindest in Lateinamerika zusehends an Zuspruch. Viele Staaten Süd- und Mittelamerikas erwägen eine Legalisierung zumindest der „weicheren Drogen“ wie Marihuana. Ihnen zufolge wäre durch einen kontrollierten Anbau dem bislang lukrativen Drogenschmuggel die Grundlage entzogen. Weiter müssten, um diese Kursänderung wirksam zu machen, auch die USA und Europa nachziehen, die jedoch weiterhin die totale Bekämpfung der Drogen als Grundlage ihrer Strategien begreifen. 6)

Ausgestattet mit dem Hintergrundwissen um die dramatischen Zustände in Mexiko und vielen anderen Drittländern, die im Besitz von deutschen Waffen sind, wird die Widersprüchlichkeit der Aufforderung der Bundesregierung im Rahmen des Arabischen Frühlings zu mehr Besonnenheit und Verzicht auf Waffengewalt deutlich. Einerseits wird propagiert, dass von Waffenlieferungen an Rebellen aufgrund der Gefahr von Menschenrechtsverletzungen abzusehen ist, aber gleichzeitig wird der Rüstungsexport, auch in Drittländer wie eben Saudi-Arabien oder Mexiko, als legitimes Mittel der Außenpolitik betrachtet. Anschließend ist die Verwunderung hingegen groß, wenn Waffen „made in Germany“ trotzdem in Krisengebieten auftauchen.

Angesichts dieser Praktiken erscheint die Forderung von Klaus Barthle, einem SPD-Bundestagsabgeordneten und Rüstungsexperten, nach mehr Transparenz bei Spenden von Rüstungsherstellern an Parteien und Politiker als ein wirksames Instrument, um die genauen Verbindungen der Rüstungsindustrie zur Politik aufzudecken. 7) An dieser Stelle fallen einem sofort auch noch die Verbindungen von Heckler & Koch zu verschiedenen Politikgrößen wie Volker Kauder, dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein. 8) Eine Verbindung zwischen geleisteten Parteispenden und dem Erhalt neuer Großaufträge wie der Lieferung neuer MG5 Maschinengewehre für die Bundeswehr im Wert von 140 Millionen Euro ist zwar schwer nachzuweisen, liegt aber ziemlich nahe. 9) Ein Zusammenhang von Parteispenden und der Erteilung von Großaufträgen wäre bereits skandalös. Neben dem nun entstandenen Eindruck, dass Waffenlieferungen deutscher Hersteller in die Krisengebiete der Welt aufgrund von Parteispenden toleriert werden, wirkt die Verbindung zwischen Spenden und Großaufträgen jedoch wie eine Lappalie.

Menschenrechtsverletzungen, zu denen deutsche Waffen erheblich beitragen, ganz gleich ob in Ägypten oder Saudi-Arabien, müssen demnach nicht nur verurteilt werden, sondern könnten teilweise erschreckend einfach vermieden werden. Neben der bereits erwähnten Transparenz würde eine parlamentarische Kontrolle der Waffenausfuhren zum bislang für Rüstungsexporte alleinverantwortlichen Bundessicherheitsrat ein passendes Gegengewicht darstellen, das Bedenken im Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen umfassend und vor allem fraktionsübergreifend erörtern könnte. 10)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik – BMWi – nicht mehr verfügbar
  2. Genehmigungen für deutsche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien von 1999 bis 2012 – Statista – aufgerufen am 16.07.13
  3. Informationen Saudi-Arabien – Auswärtiges Amt – aufgerufen am 16.07.13
  4. HK gibt illegale Exporte zu – TAZ – aufgerufen am 16.07.13
  5.  Blutiges Mexiko: Reise in das Land der Drogenkrieger – FOCUS – aufgerufen am 17.07.13
  6. Kann Mexiko den Kampf gegen die Drogen doch gewinnen? – Der Tagesspiegel – aufgerufen am 17.07.13
  7. Interview mit Klaus Barthel – Pressefreiheit in Deutschland – nicht mehr verfügbar
  8. „Optimal im Nahkampf“ – ZEIT – aufgerufen am 16.07.13
  9. HK: Großauftrag für Bundeswehr – schwarzwaelder-bote.de – aufgerufen am 16.07.13
  10. Welche Rolle spielt der Bundessicherheitsrat? – SPIEGEL ONLINE – aufgerufen am 16.07.13

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