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Nigerias Norden: Drogenproblematik verschärft sich weiter

| Bild: © n.v.

„Warum wir Drogen nehmen? Um an unserem Leben Gefallen zu finden“, sagt Abdullahi (28). 1) Er lebt wie knapp 2,5 Millionen weitere Menschen in der Stadt Kano. Kano ist die Hauptstadt der gleichnamigen Region im Norden Nigerias und die zweitgrößte Stadt des Landes. Sie gilt als Wirtschaftszentrum des Nordens, gleichzeitig aber auch als die am wenigsten entwickelte Metropole Nigerias. 2) Laut offiziellen Zahlen der Nationalen Drogenvollzugsbehörde (NDLEA) sind 37% der Einwohner der Region drogenabhängig – der Spitzenwert innerhalb Nigerias.

Kano ist trauriger Höhepunkt einer gefährlichen Entwicklung, über die wir zu Beginn des letzten Jahres mit Sorge berichteten 3): der Tendenz, dass sich die Drogenproblematik Nigerias dramatisch verschärfen könnte. Denn Nigeria ist bereits Afrikas größter Cannabisproduzent. 4) Bedingt durch die zentrale geographische Lage sowie Korruption ist Nigeria auch Transitstaat: ein Umschlagplatz von Heroin und Kokain – zwischen Amerika, Asien und Europa. 5)  6) Leider wurden in jüngster Zeit zusätzlich Fabriken entdeckt, in denen fast ausschließlich harte Drogen, beispielsweise Crystal Meth, hergestellt werden. 3): Eine Entwicklung, die dafür spricht, dass sich im Land auch ein Markt für diese Drogen entwickeln könnte. Die angespannte innenpolitische Lage schürt diese Befürchtungen zusätzlich: Das Militär kämpft mittlerweile sogar mit Luftangriffen im eigenen Land gegen die islamistische terroristische Gruppierung Boko Haram. 7) Diese möchte im Norden Nigerias einen islamischen Staat errichten – und verübt kontinuierlich Gewalt- und Terrorakte, hauptsächlich gegenüber Christen und moderaten Muslimen. Die Terrorserie begann 2009 und hat nach Schätzungen bis Mai 2013 bereits 4000 Opfer gefordert. Ein Ende der Gewaltspirale scheint nicht abzusehen, stattdessen befürchten Regierungskreise nach einem Angriff der Gruppe auf einen Luftwaffenstützpunkt des Militärs weitere Gewaltakte um Weihnachten. 7)  8)  9)  10)  11)

Die Lage im Land ist angespannt und unabsehbar – schlechte Voraussetzungen für die Bekämpfung der Drogenproblematik, deren Folgen im zivilen Leben immer deutlicher zutage treten: Der ebenfalls in Kano lebende Abdul (19) sagt: „Wir wollen all das vergessen, was sich um uns abspielt“. Armut, Arbeitslosigkeit, Unsicherheit und das Gefühl, dass es keine Zukunft für ihn gäbe, hätten ihn wie so viele andere auch in die Sucht getrieben. 1) Gleiches könnte Ursache einer „traurigen und verstörenden Entwicklung“ sein, die Ahmadu Giade, Vorsitzender der Nationalen Drogenvollzugsbehörde (NDLEA), beschreibt: Die meisten Bauern würden statt Nahrungsmitteln nun Cannabis anbauen. 12)

Die Probleme von Drogenproduktion, -Umschlag und -Konsum scheinen sich also gerade im Norden Nigerias weiter zu verschärfen. Eine bedrohliche Momentaufnahme, die neue Maßnahmen neben der restriktiven Antidrogenpolitik erfordert.

Die Regierung von Kano hat nun anerkannt, dass es nicht hilft, Drogenkonsumenten nur ins Gefängnis und damit in einen Kreislauf zu stecken, aus dem sie nicht herauskommen. Stattdessen eröffnete sie im September das erste Rehabilitationszentrum. 1) Ein erster Schritt für viele, auch für Abdul, trotz der immensen Probleme, ihr Leben unabhängig von Drogen führen zu können. Ein für Nigeria neuer Weg, der die Hoffnung auf Besserung neu entflammen und damit auch zur Eindämmung der Drogenproblematik beitragen könnte.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Aljazeera.com: Drugs and poverty blight Northern Nigeria
  2. Wikipedia: Kano
  3. Drogen Macht Welt Schmerz: Nigeria an der Schwelle zum Drogenkartell
  4. Mark A. R. Kleiman, James E. Hawdon: Encyclopedia of Drug Policy
  5. Drogen Macht Welt Schmerz: Nigeria
  6. US Department of State: 2013 International Narcotics Controll Strategy Report
  7. FAZ: Nigeria: Armee riegelt Hochburg von Boko Haram ab
  8. Wikipedia: Boko Haram
  9. Spiegel.de: Amnesty warnt vor Attacken gegen Schulen
  10. Drogen Macht Welt Schmerz: Nigeria an der Schwelle zum Drogenkartell
  11. Spiegel.de: Islamisten von Boko Haram überfallen Luftwaffenbasis
  12. News24.com: Nigeria: Farmers abandon food crops for cannabis

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