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Drogenkartelle bald Limettenkartelle?

| Bild: © n.v.

Jeden Tag pressen Adolfo Gomez’ Angestellte frischen Limettensaft, um ihn anschließend als Magarita ihren Kunden zu servieren. In San Jose, in Kalifornien, ist Gomez’ Restaurant eine beliebte Anlaufstelle, um bei gemütlichem Licht und Musik mexikanisches Flair zu genießen. Seit Neuestem müssen sich Gomez’ Gäste allerdings mit teuren Cocktails und anderer Zierde als Limetten anfreunden, da der Preis der tropischen Frucht  in den vergangenen Wochen kontinuierlich in die Höhe schoss. „Anstatt Limetten könnte ich auch flüssiges Gold in die Cocktails schütten“, ärgert sich Gomez.

Sechs Wochen zuvor konnte er 40 Pfund Limetten noch für den erschwinglichen Preis von 25 Dollar erwerben. Jetzt zahlt er für dieselbe Menge über 100 Dollar. Der abrupte Preisanstieg beschäftigt auch die Regierung: Laut aktuellen Zahlen der US-Landwirtschaftsbehörde verlangen amerikanische Lebensmittel-Läden durchschnittlich 53 Cent für eine Frucht, ein Jahr zuvor lag der Preis bei etwa 20 Cent pro Stück. 1) 95% der Limetten importiert die USA aus jenseits der Grenze zu Mexiko, wo sich zur selben Zeit auch der Grund für die steigenden Preise erklärt.

Viele Ernten mussten unter den schlechten Wetterbedingungen des vergangenen Winters leiden oder wurden durch den bakteriellen Virus „huanglongbing“ zerstört. „In Mexiko wurde ein großer Teil der Limettenernte durch starke Regenfälle zerstört, sodass das Angebot extrem einbrach und die Preise nach oben stiegen.“, so Bryan Black, Sprecher der texanischen Agrar-Behörde. 2)

In Michoácan, dort wo die meisten Limetten angebaut werden, ist ein Kilogramm der Frucht nun mehr wert als ein normaler Tagesumsatz. Gewinne, die Aufmerksamkeit erregen und anziehen – besonders die von Drogenbanden, wie das Tempelritter-Kartell. Immer wieder blockiert das Kartell die Transportwege der Farmer. Im besten Fall verlangen sie einmalige Zahlungen für die Weiterfahrt, meist überfallen sie jedoch die Trucks, verkaufen die Ware selbst weiter oder verlangen regelmäßig Steuerzahlungen von den Farmern. 3) Gegen schlechte Wetterbedingungen waren die Farmer gewappnet und wussten wie sie ihre Ernte beschützen mussten, mit den Geschäften der Drogenkartelle kannten sie sich allerdings nicht aus und bewegten sich auf ganz neuem Terrain: Viele ließen ihre Plantagen rund um die Uhr bewachen und LKW-Fahrer wurden eskortiert, um nicht Opfer eines Anschlags zu werden.

Einige Forscher behaupten sogar, dass die Tempelritter die Produktion sabotiert hätten, um die Preise hochzutreiben und den Famern noch mehr Steuern aufzuerlegen. „Wenn sie sich weigern, werden sie einfach umgebracht, ihr Land beansprucht und ihre Limettenplantagen übernommen.“ erklärt der mexikanische Autor Gustavo Arellano. Letztendlich wälzen sich die Extra-Kosten der Bauern auf die Konsumenten ab. 4)

Neben den amerikanischen Käufern, leidet auch die mexikanische Wirtschaft, die zum ersten Mal in der Geschichte, Limetten aus dem Ausland importieren musste. In den USA zwingen die hohen Preise die Restaurants und Bars sich Alternativen zu suchen. Einem Bericht der „cocktail site Alcademics“ zufolge, nahm San Franciscos „Tacolicious“-Bar zwei neue Margarita-Versionen in ihre Karte auf: die eine zum erschwinglichen Preis mit pasteurisiertem Limettensaft aus der Region zubereitet und die andere mit dem Namen „Margarita del Cartel“, der mit frischen Limettensaft um einiges teurer ist. Viele Bars verzichten allerdings auf diese kreativen Einfälle und substituieren die Zitrusfrüchte stattdessen mit künstlichen Mitteln oder Ware aus anderen Ländern. 3)

Es ist nicht das erste Mal, dass die Tempelritter abseits der Drogen in der Wirtschaft mitmischen: Ihr Aktionsgebiet reicht weit darüber hinaus und inzwischen sind Menschenhandel, Geldwäsche, Rohstoffhandel und Erpressung von Schutzgeld fester Bestandteil ihrer Geschäfte. 5) Nach Ansicht von Experten haben sich die Kartelle schon vor langem von ihrem traditionellem Gewerbe verabschiedet, andere Wege eingeschlagen und die Ware an sich nur noch als Nebensache angesehen. Viel mehr wächst die Bedeutung der kontrollierten Transportwege und stellt den Ausdruck „Drogenmafia“ in ein ganz neues Licht. 6) Entspräche diese Zukunftsprognose der Wahrheit, könnte man den „War On Drugs“ als noch aussichtsloser, als er eh schon beschrieben wird, bezeichnen. Vielmehr müsse hinsichtlich der Nebensächlichkeit der Drogen ein „Krieg gegen das organisierte Verbrechen“, gegen die kriminellen Strukturen geführt werden, um die Länder von der Korruption, der Kriminalität und der Gewalt zu befreien. Betrachtet man die Situation speziell am Beispiel der Tempelritter und ihren wachsenden Einfluss in der Wirtschaft, scheint es immer notwendiger zu werden, sich nicht auf den Begriff „Drogenmafia“ zu versteifen und andere Lösungswege in Erwägung zu ziehen.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. San Jose, 01.04.14: Local Restaurants Grapple with Lime Shortage – aufgerufen am 07.04.14
  2. Daily News, 01.04.14: Mexican durg cartel behind lime shortage in U.S.; margaritas feel pinch – aufgerufen am 07.04.14
  3. GIZMODO, 01.04.14: How Mexico’s Drug Cartels Are Driving Up the Price of Limes – aufgerufen am 07.04.14
  4. Fox News, 01.04.14: Lime Prices In Mexico Soar As Drug Cartels And Bad Weather Take Toll On Crop – aufgerufen am 07.04.14
  5. Blickpunkt Lateinamerika: Grünes Gold aus Michoácan – nicht mehr verfügbar
  6. DrogenMachtWeltSchmerz: Statt Drogen jetzt Rohstoffe – Mexikanische Kartelle satteln um – aufgerufen am 07.04.14

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