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Gold war das neue Kokain

Kokablätter in der Hand

| Bild: © Riopatuca - Dreamstime

Die steigenden Goldpreise führten in Kolumbien ab 2008 zu einem regelrechten Boom im informellen Bergabbau und ersetzten für viele die Beschäftigung im Kokaanbau. Seit 2014 steigt die Kokaproduktion des Landes aber wieder enorm – Kolumbien übertraf Peru als weltweit führendes Land im Kokaanabau. 1)

Seit Jahrzehnten befindet sich das Land in einem innenpolitischen Konflikt, der sich durch Korruption, Misswirtschaft und soziale Ungleichheit speiste. Durch Landraub entwickelten sich Guerilla-Gruppen und von den Landbesitzern angeheuerte Paramilitärs, die sich bekriegten. Abgelegene Regionen in Kolumbien wie Bajo Cauca verfügen über fruchtbare Böden und ein großes Goldvorkommen. Die bewaffneten Gruppen der aus den Paramilitärs entstandenen BACRIM und der Guerillas profitieren von diesem Ressourcenreichtum. Sie finanzierten sich zunächst durch den Drogenhandel, bald wurde dieser aber treibende Kraft des anhaltenden innenpolitischen Konflikts. 2) )

Durch Erpressungen, aber auch durch selbständiges Betreiben von Goldminen eröffnete sich auch der informelle Goldabbau für viele bewaffnete Gruppen als ein ertragreiches Geschäft. Damit konnten langfristig hohe Gewinne erzielt werden. Außerdem boten sich Minen als eine Möglichkeit zur Geldwäsche aus dem Drogenhandel an. Durch unklare Landnutzungsrechte und wenig vorhandene Umweltlizenzen befand sich der Goldabbau in einer rechtlichen Grauzone ohne nennenswerte staatliche Kontrolle. Dass der Goldabbau sich sowohl im legalen als auch im illegalen Bereich abspielen konnte, machten sich die Untergrundkämpfer zunutze, da sie anfangs mit weniger staatlicher Verfolgung rechnen konnten. 3)

Der Trend zur Rückkehr zum Kokaanbau erklärt sich durch eine gewisse Unberechenbarkeit des Goldpreises. Allerdings befindet sich dieser momentan auf einem Level wie 2010, als die Goldförderung in Kolumbien noch einen Aufschwung erlebte. Viele der Ortsansässigen begründen die Rückkehr zum Kokaanbau dagegen mit den getroffenen Maßnahmen der Regierung: Diese ging seit 2013 massiv gegen den illegalen Bergabbau vor, vor allem, um die bewaffneten Gruppen zu schwächen. Der Goldabbau schädigt außerdem die Umwelt enorm. Um das zu unterbinden, leitete Kolumbien ab 2013 Maßnahmen ein, um den illegalen Bergbau zu unterbinden. So strebt die Regierung bis 2019 eine Formalisierung des Bergbaus an. 4) 5)

Allerdings trafen die Luftangriffe und Minenschließungen der Regierung hauptsächlich das schwächste Glied der Lieferkette: die Arbeiter in den Minen. Diese fühlten sich ungerecht behandelt: „Sie kommen und sprengen die Maschinen, schließen die Minen, führen die Menschen weg und verhaften sie. Stellen Sie sich das mal vor, eine Person, die nur versucht, ihren Lebensunterhalt zu sichern, wird hier zum Kriminellen gemacht.“, so ein Minenarbeiter, der anonym bleiben will.

Der illegale Gold-Boom ist noch nicht vorbei – schätzungsweise befinden sich noch etwa 45.000 Beschäftigte allein in der Region Bajo Cauca. Allerdings ist langfristig ein Rückgang im Abbau zu erwarten. Auch wenn die Regierungsmaßnahmen zu einem kurzfristigen Erfolg führen, packen sie letztendlich nicht die Wurzel der Probleme an. Solange Armut und Perspektivlosigkeit einen Großteil der Bevölkerung betreffen und die gold-und kokareichen Regionen von bewaffneten Gruppen kontrolliert werden, füllen immer wieder illegale Wirtschaft und Kriminalität die Lücken. 1)

Es gibt auch Minen, die versuchen, verantwortungsvoll Gold zu fördern: Eine kleine Kooperative in Pacarni setzt auf umweltbewussten Abbau, indem die Bauern weniger Quecksilber verwenden und Naturschutzgebiete einrichten. Dafür bekamen sie von der „Allianz für verantwortungsvollen Bergbau“ das Label „Fairmined“, unter dem sie das Gold auf dem europäischen und amerikanischen Markt vertreiben. Sie zählen auf die Bereitschaft der Konsumenten, für konfliktfreies und umweltverträgliches Gold etwas mehr zu zahlen. 4)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. InSightCrime: Colombia Overtakes Peru As World’s Top Coca Cultivator: UN – zuletzt aufgerufen am 22.09.2015
  2. Bundeszentrale für politische Bildung: Kolumbien – zuletzt aufgerufen am 22.09.2015
  3. InSightCrime: Colomias Bajo Cauca Region: From Illicit Coca Cultivation to Gold Mining & Back Again – zuletzt aufgerufen am 22.09.2015
  4. Deutschlandradio Kultur: Goldrausch in Kolumbien – zuletzt aufgerufen am 22.09.2015
  5. Germany Trade&Invest: Kolumbiens Bergbau gerät ins Stocken – zuletzt aufgerufen am 22.09.2015

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