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Saubere Nadeln statt Todesstrafe

| Bild: © Maxim Evdokimov - Dreamstime

Malaysia gilt als ein Hardliner in der Drogenpolitik: Schon beim Besitz von geringen Mengen drohen lange Haftstrafen, für den Handel mit Drogen sogar die Todesstrafe. Immer wieder kommt es zu negativen Schlagzeilen, weil oft auch Touristen wegen Drogendelikten zum Tode verurteilt werden. 1)  Die restriktive Politik fördert die Ausbreitung von Krankheiten wie AIDS unter Drogenabhängigen, weil diese in die Kriminalität gezwungen werden und sich aus Angst vor den harten Strafen nicht in Behandlung begeben. 2)  Doch es gibt auch alternative Herangehensweisen: Ein Schadenverminderungsprogramm hilft, den enormen Anstieg von HIV-Infektionen durch das Bereitstellen von sauberen Nadeln und einer Methadon-Behandlung einzudämmen.

Die Arbeiter des Programms besuchen Plätze wie den Golok Fluss in der Provinz Kelantan, an dem sich viele Drogenkonsumenten aus Thailand und Malaysia treffen, verteilen dort saubere Nadeln und Spritzbestecke. Außerdem soll das Bewusstsein der Menschen für die Gefahren des Benutzens von unsterilen Spritzbestecken und Nadeln geschärft werden. Zum Beenden der Abhängigkeit wird zudem eine Methadon-Behandlung angeboten. Dies hilft vielen Süchtigen aus einem Teufelskreis der Drogenkriminalität und finanzieller Not.

Das südostasiatische Land musste mit einer rasant wachsenden AIDS-Epidemie kämpfen. Es wird geschätzt, dass 2010 täglich etwa 10 Menschen in Malaysia mit HIV infiziert wurden. Das Programm hat maßgeblich dazu beigetragen, den enormen Anstieg an Neuinfektionen zu reduzieren: In der Region Kelantan hat sich seit Beginn des Programms die Zahl der Neuinfektionen von 1.200 auf 277 jährlich reduziert. Durch eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei, Gesundheitsbeauftragten und zivilen Sozialorganisationen müssen Drogenabhängige keine Strafverfolgung fürchten, und die Öffentlichkeit wird für eine andere Herangehensweise an die Drogenproblematik sensibilisiert.

Die Finanzierung von solchen Maßnahmen gerät durch fehlende internationale Unterstützung infolge sinkender globaler Aufmerksamkeit auf das Aids-Problem in Gefahr. Der „Global Fund“, der wichtigste Spender für Programme zur Reduktion der negativen Folgen des Drogenkonsums, plant, mehr finanzielle Mittel von den nationalen Regierungen der mittelmäßig entwickelten Länder zu verlangen. Viele der Regierungen dieser Länder, die vorwiegend in Osteuropa und Asien liegen, sind aber nicht gewillt, diese zu stemmen – somit ist die Zukunft von vielen Programmen unsicher. Die fehlende finanzielle Unterstützung birgt die Gefahr, dass wieder vermehrt unsaubere Nadeln und Spritzbesteck verwendet werden. Dies könnte die Zahl von HIV-Infektionen erneut in die Höhe treiben.

Der Direktor der internationalen NGO für Schadenverminderung (HRI) kritisiert, dass stattdessen Milliarden von Dollar in repressive Drogenprogramme gesteckt werden. Wenn nur ein Bruchteil des Geldes, das in „ineffektive, kontraproduktive und sogar misshandelnde“ Maßnahmen wie Gefängnisse, Polizei und unfreiwillige Drogenbehandlung fließe, für nachhaltige Schadenbegrenzungsprogramme verwendet werden würde, werde die internationale Rate von HIV-Infektionen sinken.

In Malaysia wird das Schadenbegrenzungsprogramm schon jetzt fast ausschließlich staatlich finanziert. Laut dem Gesundheitsministerium werden somit etwa 80 Prozent der geschätzten 170.000 Konsumenten, die sich Drogen spritzen, adressiert. 3)

Die malaysische Regierung zeigte sich kürzlich an einer alternativen Herangehensweise an die Drogenproblematik interessiert: Regierungsbeamte nahmen 2012 an einer Studienreise nach Portugal teil, um sich über die dortige Strategie der Entkriminalisierung zu informieren. Zunehmend wird auch die Anwendung der Todesstrafe für Drogendelikte infrage gestellt und diskutiert. 2)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Zeit Online: Malaysisches Gericht verurteilt Deutschen zum Tode – zuletzt aufgerufen am 27.10.2015
  2. Welt-Sichten: Keine Gnade im Kampf gegen Drogen – zuletzt aufgerufen am 27.10.2015
  3. Aljazeera: Malaysia: Halting HIV and drug use with compassion – zuletzt aufgerufen am 27.10.2015

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