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Kolumbien: Landrechte für Kleinbauern – ein Schlüssel im Kampf gegen den Drogenhandel

| Bild: © n.v.

„Wir sind Farmer, keine Drogenhändler. Aber wir sehen uns gezwungen, Koka anzubauen – in diesem sozialen Problem sind wir gefangen – weil wir seit langem vom Staat vernachlässigt wurden.“, so ein kolumbianischer Kokabauer. 1) Obwohl die Friedensverhandlungen zwischen der Rebellenorganisation FARC und der Regierung zaghafte Hoffnungen wecken, geht der Drogenanbau in vielen Regionen nicht zurück – mancherorts steigt er sogar. 2) Noch immer sind tausende Familien vom Drogenanbau abhängig. Für die fragilen Friedensverhandlungen zwischen der FARC und der Regierung könnte dies eine Gefährdung darstellen. 3)

Die Guerillagruppe bereitet sich möglicherweise auf die Aufgabe des Drogenhandels vor, in dem sie davor noch möglichst viel Umsatz schafft. Im Falle eines Scheiterns der Friedensverhandlungen hätten sie zudem eine gute Position, von der aus sie weiter agieren können. 4) Ursprünglich war der Handel mit Koka der einzige Weg für die FARC, ihre politische Auflehnung und die Kämpfe zu finanzieren. Inzwischen hat sich der Drogenhandel zu einer treibenden Kraft entwickelt, die die Struktur der Rebellengruppe am Leben erhält. Dies ist eine erhebliche Gefahr: Durch die Lukrativität des Drogenhandels und die fehlenden Alternativen ist es sehr wahrscheinlich, dass einige Mitglieder der Organisation nicht bereit sind, ihn aufzugeben – besonders die weniger politisch Ambitionierten. Das befeuert ein Anhalten des Konflikts und birgt die Gefahr einer Bildung von Kartellen, wie es in Mexiko geschah. 1) Seit mehr als fünf Jahrzehnten bekämpften sich die Regierung und die FARC – dies kostete mehr als 220.000 Menschen das Leben. 2)

Das Motiv, das dem bewaffneten Konflikt zugrunde liegt, war die Auflehnung der FARC gegen die ungerechte Landverteilung. Während die Gruppe damals für die Rechte von landlosen Bauern einstand, wurden durch den jahrzehntelangen Konflikt zehntausende Kleinbauern zu Binnenvertriebenen. Das ist auch jetzt ein Schlüsselpunkt in den Friedensverhandlungen. Noch immer besitzen etwa ein Prozent der kolumbianischen Landeigentümer die Hälfte des Agrarlandes. Im Falle eines Erfolgs der Friedensverhandlungen sollen Kleinbauern mehr Landrechte erhalten. 5)

Die meisten Kleinbauern sind kritisch gegenüber dem Kokaanbau: „Das Kokablatt ist heilig für uns – es ist nichts, das man für Geld verkaufen sollte. Aber für uns gibt es keine andere Option“, so ein indigener Kleinbauer. Allerdings machen das Fehlen von fruchtbarem Land und weite Transportwege den Verkauf von legalen Agrarprodukten wie Früchten nahezu unmöglich. 2) Auch im Zuge der massiven Konflikte wurden zehntausende Kleinbauern in besonders abgelegene Gebiete zurückgedrängt. Da die Kokapflanze äußerst genügsam ist, bietet sich der Anbau für die Landbevölkerung dort an. 1)

Die Kokabauern fühlen sich von der Regierung allein gelassen: „Die Regierung sagt uns, wir sollen kein Koka anbauen und es nicht an die Rebellen verkaufen – aber der Staat hat keine Präsenz hier.“ 6) Für viele bedeutet der Anbau von Kokain eine große Gefährdung: Durch die Illegalität und die Kooperation mit unterschiedlichen, kriminellen Gruppierungen, die um die Vormachtstellung im Drogenhandel kämpfen, sehen sie sich immer wieder Gewalt ausgesetzt. 1)

Die Nachfrage nach Kokain bedingt die enorme Lukrativität des Drogenhandels – der Konsum bei den Hauptabnehmern, der USA und der EU, ist ungebrochen. 7) Von diesen enormen Profiten bekommen die Kokabauern allerdings wenig mit. Allerdings müssten für einen erfolgreichen Rückgang des Drogenhandels Alternativen geschaffen werden, die den Kleinbauern ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. In der Vergangenheit wurde oft Hilfe bei der Suche nach alternativen Anbauprodukten versprochen, nachdem Eradikationsmaßnahmen durchgesetzt wurden. Allerdings ist dies eindeutig die falsche Reihenfolge. Mit einem Zugang zu fruchtbarem Land und einer Verbesserung der Infrastruktur für die ländliche Bevölkerung könnten Maßnahmen im Kampf gegen den Drogenhandel geschärft werden. Das wäre für den Friedensprozess und die Landbevölkerung unabdinglich. Das sieht auch der Kokabauer Carlos so: „Wenn wir auf all dem Land nur noch Kokapflanzen anbauen, was werden wir dann essen?“ 2)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. Miami Herald: Will peace halt Colombia’s coca boom? – Artikel vom 25.03.2016
  2. The Daily Beast: Inside Colombia’s (New) Cocaine Explosion – Artikel vom 01.03.2016
  3. InSight Crime: Coca Boom in Northeast Colombia Troubling for Peace Plans – Artikel vom 19.05.2016
  4. InSight Crime: US Anti-Drug Officials Expect Surge in Colombia Coca Cultivation – Artikel vom 13.11.2015
  5. Reuters: Colombia’s war-weary farmers head home amid hopes and fears – Artikel vom 16.05.2016
  6. The Daily Beast: Inside Colombia’s (New) Cocaine Explosion – Artikel vom 01.03.2016
  7. Bloomberg: Why Cocaine Farmers Are Getting Into Chocolate Instead – nicht mehr verfügbar

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