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Der Hafen von Santos: Wo Drogen, Korruption und Ignoranz aufeinandertreffen

| Bild: © n.v.

Brasilien ist das Hauptdrehkreuz für den Drogenschmuggel von Lateinamerika nach Afrika, Asien und Europa. Der „War on Drugs“ geht in dem größten Land Lateinamerikas nur sehr schleppend voran. Der brasilianische Anteil an den in Südamerika beschlagnahmten Drogen betrug in den vergangenen Jahren nur sieben Prozent. Von 2010 bis 2014 konnten in Brasilien etwas mehr als 150 Tonnen Kokain sichergestellt werden. 1) Im selben Zeitraum waren es über 830 Tonnen in Kolumbien. 2) Kolumbien ist zwar der Hauptproduzent von europäischem und afrikanischem Kokain, aber der Großteil des transatlantischen Schmuggels erfolgt über Brasilien. 3)

Gut 80 Prozent des Kokains, das auf den europäischen Markt kommt, wird von der brasilianischen Hafenstadt Santos aus geschmuggelt. Aus Herstellungsländern wie Kolumbien, Peru, Paraguay und Bolivien werden Kokain und Marihuana, aber auch andere Drogen, nach Santos gebracht. Vorrangig das „First Capital Command“ (PCC), aber auch kleinere Schmuggelnetzwerke verfrachten die illegale Ware an Bord von Containerschiffen. So werden die Drogen über den Atlantik transportiert. 4)

Das aus São Paulo stammende PCC ist mittlerweile die größte und mächtigste kriminelle Organisation in Brasilien. Das Kartell kontrolliert sämtliche Schmuggelrouten zwischen Brasilien, Bolivien und Paraguay und lieferte sich über Jahre einen blutigen Kampf mit der brasilianischen Polizei, der viele zivile Opfer forderte. Auch heute verbreitet das PCC noch Gewalt und Angst unter der Bevölkerung. Beim Drogenhandel nach Europa arbeitet die Organisation mit der italienischen Maffia zusammen. Bisher konnten die brasilianischen Behörden weder dem PCC, noch dem Drogenhandel viel entgegensetzen. Teilweise wirkt es sogar so, als würde die brasilianische Polizei die Machenschaften der kriminellen Organisation am Hafen von Santos ignorieren. 5)

Drogen und Rauschmittel
(c) Cabrera Photo (CC BY-NC-ND 2.0)Flickr

Der Kampf gegen das organisierte Verbrechen geht in Brasilien nicht von der Landesregierung aus. Jeder der 27 brasilianischen Staaten hat seine eigenen Organe zur Drogenbekämpfung, von denen einige besser finanziert werden als andere. Dieses dezentralisierte Vorgehen hat sich bis jetzt als uneffektiv erwiesen. Es gibt zwar auch landesweite Strategien gegen die Drogenmacht, allerdings ist die Kooperation der involvierten Akteure mehr als mangelhaft. Das hat wohl auch damit zu tun, dass einige Institutionen gnadenlos gegen Drogenkonsumenten vorgehen, während andere das Drogenproblem ganzheitlich bekämpfen wollen. Der Nachrichtenorganisation InSight Crime gegenüber machte ein Sicherheitsmitarbeiter des Santos-Hafens die Bürokratie und unzulängliche Bemühungen für das Versagen der Behörden verantwortlich. Gabriel Santos Elias, ein hochrangiger Angestellter der „Brazilian Platform for Drug Policy“ (PBPD), kritisierte das Vorgehen der Regierung folgendermaßen: „Der ‚War on Drugs‘ hat versagt, weil er in erster Linie auf Unterdrückung basiert. Es wird nicht genug auf Bildung und Aufklärung geachtet, ebenso wenig auf die grundlegende Gesundheit von Drogenkonsumenten in Brasilien“. 4)

Durch die Bestechung von Hafenarbeitern kann das PCC Kokain, Marihuana und andere Drogen ohne größeren Aufwand in Frachtcontainern verstecken. Viele Container stehen Monate lang im Hafen oder in privaten Lagerhallen. Allein in der Hafenstadt Santos befinden sich über 47 sogenannte REDEX-Lagerfazilitäten. Jeder dieser Orte wird von einer anderen Firma betrieben und es gibt weder übergeordnete Kontrollen, noch ausreichende Zusammenarbeit zwischen den REDEX-„Zweigstellen“. Das bietet den Schmugglern eine Vielzahl an Gelegenheiten, ihre Ware in den Containern unterzubringen. Berichten zufolge verschaffen sich Bandenmitglieder vor allem durch Korruption und Bestechung Zugang zu den REDEX-Einrichtungen. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Hafenangestellte und Sicherheitskräfte verhaftet und wegen Korruption und Beihilfe zum Drogenschmuggel angeklagt. Das PCC gilt nicht nur als Organisation mit großem lokalen Einfluss, die Drogenschmuggler können sich auch auf ein sehr großes Helfernetzwerk verlassen. Geschätzt sind 11.000 Menschen aktiv in die PCC-Machenschaften verstrickt. Hinzu kommt, dass das Kartell über große finanzielle Ressourcen verfügt. 6)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. UNODC: Drug Seizures Report Brazil; Stand 21. Juli 2016
  2. UNODC: Drug Seizures Report Colombia; Stand 21. Juli 2016
  3. UNODC: World Drug Report 2016; Stand 21. Juli 2016
  4. InSight Crime: Report Spotlights Drug Traffic at Santos Port, Brazil’s Drug Policies; 20. Juli 2016
  5. InSight Crime: First Capital Command – PCC; Stand 21. Juli 2016
  6. InSight Crime: Report Spotlights Drug Traffic at Santos Port, Brazil’s Drug Policies; 20. Juli 2016

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