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Argentinien: Arme Familien werden gezwungen, Drogen zu verkaufen

Ganz alltäglich essen vier Kinder zusammen mit ihren Eltern ihr Mittagessen. Jedoch stehen mehrere Kisten mit Hunderten Kilogramm Marihuana nur einen Meter vom Küchentisch entfernt. Die Eltern vermieten ihr Wohnhaus als Vorratslager für Drogen. Auf den ersten Blick erscheint das ungewöhnlich, aber in Argentinien kommen ähnliche Situationen wie diese im ganzen Land und schon seit längerer Zeit vor. Ärmere Familien, die ein zusätzliches Einkommen suchen, schließen sich dem Drogengeschäft an. Für die Familien ist das Drogengeschäft eine Subsistenzwirtschaft. | Bild: © n.v.

Ganz alltäglich essen vier Kinder zusammen mit ihren Eltern ihr Mittagessen. Jedoch stehen mehrere Kisten mit Hunderten Kilogramm Marihuana nur einen Meter vom Küchentisch entfernt. Die Eltern vermieten ihr Wohnhaus als Vorratslager für Drogen. Auf den ersten Blick erscheint das ungewöhnlich, aber in Argentinien kommen ähnliche Situationen wie diese im ganzen Land und schon seit längerer Zeit vor. Ärmere Familien, die ein zusätzliches Einkommen suchen, schließen sich dem Drogengeschäft an. Für die Familien ist das Drogengeschäft eine Subsistenzwirtschaft. 1)

Jeder dritte Argentinier lebt in Armut. Seit 2011 steigt die Armut im Land weiter an. Nach dem Statistikamt Indec befinden sich die Einkommen von 32,2 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. 2) Aufgrund der steigenden Armut scheint die Arbeit im Rauschgifthandel für viele Familien als eine günstige Alternative, für die sie ihr eigenes Leben und das ihrer Kinder riskieren.

„Der illegale Markt für verbotene Substanzen, in diesem Fall Marihuana, wurde als Verdienstmöglichkeit in den beliebten Sektoren des Drogenhandels erkannt“, argumentierte Martín Appiolaza, Leiter der Organisation für Prävention und Menschenrechte der Gemeinde von Godoy Cruz. 3) Politische Instabilität und Untätigkeit der Regierung in den letzten Jahren ermöglichten dem Drogenhandel eine bessere und stabilere Marktposition.  4)

Im Kampf gegen den Drogenhandel in Mendoza ist schon einige Zeit bekannt, dass die sogenannten „Drogenpavillons“ und Drogenlagerstätten für viele Familien eine weitere Einkommensquelle bedeuten. Die Anzahl der Fälle in dieser Provinz stieg im letzten Jahr um 30 Prozent an. Zudem stellt es ein Problem mit großen Komplikationen dar. 3) Vor allem die steigende Gewaltbereitschaft ist eine Folge des wachsenden Drogenkonsums. 5)

Trotz offizieller Bemühungen und der Vorsorge der Regierung Mendozas, werden immer mehr Familien in das Drogengeschäft mit Marihuana und Kokain einbezogen. Darunter leiden die Kinder und werden am stärksten geschädigt.  Dieses Problem schreitet  mit erhöhtem Tempo voran und es sind verstärkt Familien mit niedrigem Einkommen in das Drogengeschäft verwickelt. Einige von ihnen sind zuständig für das Verpacken der Drogen, andere für den Transport und viele für den Verkauf. Das sind die niedrigsten Stufen der wirtschaftlichen Strukturen des Drogengeschäfts, in denen die minimale Rentabilität und die maximale Warenauslage dominieren. Diese Familienmitglieder und Kleinkriminellen sind diejenigen, die oftmals verhaftet werden und die Gefängnisse füllen. 3)

Auch junge Mädchen werden für das Drogengeschäft rekrutiert. Sie sind für die Verteilung von Drogen auf Partys und in Bars zuständig. Meist sind sie zwischen 13 und 16 Jahre alt und auch als Maultiere („mulas“) bekannt, um verbotene Substanzen einzuschmuggeln. Im Gegenzug dazu bekommen sie Schuhe, kostenlose Getränke und Eintritt in den VIP-Bereich der Bar. Oftmals werden sie von Erwachsenen missbraucht, die ihre Verwundbarkeit ausnutzen. 4)

Aufgrund der hohen Vielfalt von Anbietern, Produkten und der Größe des Drogenmarktes in Argentinien entstehen neue Anführer in Provinzen, in denen die staatliche Präsenz sehr schwach oder auf selektive Kontrolle reduziert ist. Schließlich wird der illegale Markt und Drogenhandel als alltäglich und natürlich wahrgenommen. Außerdem führt es zu starken Einschränkungen, die Anführer und Drogenbosse ausfindig zu machen.

Spezialisten des Drogenhandels und der öffentlichen Sicherheit stellen den Umfang dieses „Phänomens“ heraus und betonen die Notwendigkeit, dringend zu handeln. Vermehrt seien Kinder die Opfer und blieben oftmals ohne Eltern zurück, bekräftigt Leopoldo Orquín, Ex-Minister der provinzialen Sicherheit. Der Staat könne die Kinder nicht ungeschützt lassen und müsse sie von einer Umgebung fernhalten, in der schweres Verbrechen als natürlich wahrgenommen werde. Die beste Form der Prävention sei eine gute Bildung. 3)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. El POlÍTICO: La economía narco: Subsistencia de familias en Argentina; Artikel vom 11.03.17
  2. n-tv: Ein Drittel der Argentinier lebt in Armut; Artikel vom 29.09.16
  3. La Nacion: Economías familiares basadas en las drogas; Artikel vom 11.03.17
  4. La Nacion: Penetración del narcotráfico; Artikel vom 10.04.17
  5. GIZ: Drogen. Entwicklung. Gewalt.; Stand vom 11.04.17

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