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Bolivien: Mehr Flächen zum Koka-Anbau – Ein Fluch oder ein Segen?

Bolivien ist der drittgrößte Koka-Produzent weltweit nach Kolumbien und Peru. Seit 2010 sind der Anbau und die Produktion der Kokapflanze um 35 Prozent national gesunken. Durch eine neue Gesetzgebung möchte die bolivianische Regierung dem entgegenwirken. Der bolivianische Präsident Evo Morales unterzeichnete im März ein umstrittenes Gesetz zum Anbau von Koka. Die Regierung einigte sich mit den Verbänden der Kokabauern auf eine Ausweitung der Flächen für die Koka-Kultivierung. Die legale Anbaufläche wird um fast das Doppelte vergrößert, von 12.000 auf 22.000 Hektar. Der Senat und das Abgeordnetenhaus müssen dieser Gesetzgebung noch zustimmen – dies gilt als wahrscheinlich. | Bild: © n.v.

Bolivien ist der drittgrößte Koka-Produzent weltweit nach Kolumbien und Peru. Seit 2010 sind der Anbau und die Produktion der Kokapflanze um 35 Prozent national gesunken. Durch eine neue Gesetzgebung möchte die bolivianische Regierung dem entgegenwirken. 1)

Der bolivianische Präsident Evo Morales unterzeichnete im  März ein umstrittenes Gesetz zum Anbau von Koka. Die Regierung einigte sich mit den Verbänden der Kokabauern auf eine  Ausweitung der Flächen für die Koka-Kultivierung. Die legale Anbaufläche wird um fast das Doppelte vergrößert, von 12.000 auf 22.000 Hektar. 2) Der Senat und das Abgeordnetenhaus müssen dieser Gesetzgebung noch zustimmen – dies gilt als wahrscheinlich. 3)

Die Koka-Pflanze ist international bekannt für die Herstellung der Rauschdroge Kokain. Das Kauen der Blätter hat durch die Freisetzung des Alkaloids eine belebende Wirkung, beugt der Höhenkrankheit vor und betäubt Hunger, Müdigkeit und Schmerzen. Zudem hat der Anbau der Koka-Pflanze für die indigene, bolivianische Bevölkerung eine kulturelle und traditionelle Bedeutung und ist für sie seit Jahrtausenden eine heilige Pflanze. 2) Im Jahr 2013 haben die Vereinten Nationen den traditionellen Koka-Konsum in Bolivien zugelassen und eine Ausnahme von der UN-Betäubungsmittelkonvention gebilligt. 1)

Nach einer Studie der europäischen Union aus dem Jahre 2014 werden 14.300 Hektar der Flächen für die Menge der Kokapflanze benötigt, deren Blätter für das Kauen und Tee verwendet werden. Auf 7.300 Hektar werden Kokapflanzen angepflanzt, welche anderweitig verwendet werden. 1) Die Zunahme der Koka-Kultivierung auf 22.000 Hektar ist auf die hohe Nachfrage und den Druck der Koka-Bauern zurückzuführen. Es wird mehr Anbaufläche benötigt, um die erhöhte Nachfrage zu befriedigen. 4)

Durch die Ausweitung der Koka-Anbaufläche erwartet die bolivianische Regierung eine Steigerung der Kultivierung der Kokapflanze. Mit der erhöhten Produktion möchte Bolivien den Export der Koka-Blätter  verstärken und die Wirtschaft Boliviens wieder fördern. 2) 4) Seit 2016 werden die Koka-Blätter nach Ecuador exportiert. Über den Export nach Paraguay und Venezuela wird derzeit noch am verhandelt. Für die Koka-Bauern und ihre Familien ist der Anbau der Kokapflanze eine essenzielle Einkommensquelle. Vom weltweiten Export der Koka-Blätter profitieren nicht nur die Koka-Bauern, sondern auch die Konsumenten, aufgrund ihrer heilenden Wirkung. Nach Ricardo Hegedus, dem Geschäftsführer von Windsor, Boliviens größtem Koka-Tee Produzenten, würde das Einkommen der Koka-Bauern wachsen, wenn sie mehr legal exportieren könnten. Dies könnte den Drogenhandel von Kokain zwar nicht verhindern, allerdings wäre es schwerer und teurer für Drogenhändler, Koka zu erwerben. 1) Auch Kathry Ledebur vom Andean Information Network sieht die neue Gesetzgebung als eine positive Maßnahme. Ihrer Meinung nach habe das neue Gesetz einen hohen Stellenwert, da nun die Produktion und die Vermarktung von Koka besser vom Staat kontrolliert werden könne.

Im Gegensatz dazu befürchtet die Europäische Union durch den verstärkten Anbau eine steigende Kokainproduktion. 1) Nach einer Umfrage der bolivianischen Zeitung Página Siete vermuten 69 Prozent der Befragten, dass eine Zunahme von Koka die Produktion von Kokain und den Rauschgifthandel ausweiten würden. Zusätzlich ziehen 56 Prozent mit der erhöhten Kokainherstellung und dem Drogenhandel einen Anstieg der Kriminalität, Gewalt und städtischen Unsicherheit in Betracht. 4) Bolivien hat nicht nur mit seiner eigenen Kokainproduktion zu kämpfen, sondern dient auch als Transitland für Kokain und Kokainpaste aus Peru nach Brasilien und Europa. 1)

Nicht nur die sozialen Probleme, sondern auch die ökologischen Folgen sind von hoher Bedeutung. Zum Einen die Desertifikation, da nach dem Koka-Anbau der Erdboden für längere Zeit für künftige landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet ist, aufgrund von Verschmutzung durch Agrochemikalien der Kokapflanze. Zum Anderen die Abholzung des Regenwaldes, da die Flächen als Koka-Plantagen benötigt werden. Zusätzlich beenden Landwirte den Anbau von anderen erforderlichen Lebensmitteln, um ihre Äcker dem Koka-Anbau zu widmen. Dies kann die Ernährung der Familien und die Lebensmittelsicherheit Boliviens negativ beeinflussen. 4)

Mit der neuen Gesetzgebung besteht die Hoffnung, den Anbau der Koka-Pflanze besser kontrollieren zu können und die Wirtschaft Boliviens anzukurbeln. Ob  die möglichen positiven Aspekte die negativen Auswirkungen in Zukunft ausgleichen können, bleibt jedoch abzuwarten.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. The Guardian: Bolivia sees coca as a way to perk up its economy – but all everyone else sees is cocaine; Artikel vom 15.03.17
  2. BBC NEWS: Bolivia’s Morales boosts legal coca production; Artikel vom 09.03.17
  3. america21:Bolivien weitet legale Koka-Anbaufläche um 10.000 Hektar aus; Artikel vom 03.03.17
  4. Página SIETE: Las consecuencias de la ley de la coca; Artikel vom 25.03.17

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