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Kann Thailand sein Drogenproblem in den Griff bekommen?

Die thailändische Polizei kann im Kampf gegen die Drogenkriminalität beachtliche Erfolge für sich verbuchen. Erst konnten bei landesweit koordinierten Aktionen, die sich gegen 27 Drogennetzwerke richteten, 734 Personen festgenommen werden. Einige Tage später wurden bei erneuten Polizeiaktionen über 6 Millionen Yaba-Pillen und 10 Kilogramm Crystal Meth beschlagnahmt. | Bild: © n.v.

Die thailändische Polizei kann im Kampf gegen die Drogenkriminalität beachtliche Erfolge für sich verbuchen. Erst konnten bei landesweit koordinierten Aktionen, die sich gegen 27 Drogennetzwerke richteten, 734 Personen festgenommen werden. Einige Tage später wurden bei erneuten Polizeiaktionen über 6 Millionen Yaba-Pillen und  10 Kilogramm Crystal Meth beschlagnahmt. Der thailändische Polizeichef Chalermkiat Srivorakan gab auf einer Pressekonferenz bekannt, seit Oktober 2016 seien bereits 100 Millionen Yaba-Pillen und 4 Tonnen Crystal Meth im Wert von 229 Millionen US-Dollar sichergestellt worden. 1) 2)

Bei solch enormen Mengen verwundert es allerdings, dass Thailand in der Drogenproduktion keine Hauptrolle einnimmt. Crystal Meth, Yaba und Heroin werden im Land selbst kaum hergestellt. Drogennetzwerke nutzen Thailand vielmehr als Transit- und Geldwäscheland. Dabei kommt ihnen zugute, dass Thailands Grenzen vielerorts ziemlich durchlässig und nur schwer zu bewachen sind. Wenn die Drogen erst einmal ins Land geschmuggelt wurden, werden von dort aus regionale und internationale Märkte wie Ostasien, Ozeanien, Amerika oder Europa bedient. Vor allem der nördliche Grenzabschnitt zu Myanmar gilt als Hotspot der Drogeneinfuhr.

In diesem Gebiet leben vor allem Bergvölker. Von der thailändischen Bevölkerung werden sie systematisch ausgegrenzt. „Die Bergvölker dürfen nicht mehr frei durch den Urwald ziehen. Sie müssen sich an einem Ort fest niederlassen, dürfen den Urwald nicht mehr brandroden, um Reis anzubauen. Wir sind nur noch Bauern, die immer die gleichen Felder bestellen“, erzählt Apoe Amor, ein Akha. Die Bergvölker gälten nicht als thailändische Staatsbürger, sie bräuchten sogar einen eigenen Personalausweis. „Wer Thai ist, hat alle Rechte, wer zu den Bergvölkern gehört, ist nichts.“

Die Landwirtschaft wirft nicht besonders viel ab, die Akha sind sehr arm. Sie leben in jämmerlichen Hütten, oft ohne Strom und fließendes Wasser. Deswegen werden viele von ihnen von den Drogenkartellen geködert und verdingen sich als Drogenschmuggler. „Die Versuchung, für die Drogenbarone zu arbeiten, ist einfach zu groß, wenn man hier im Gebirge keine andere Einkommensquelle hat“, sagt Apoe Amor. 3) 4)

Auch die muslimische Minderheit im Süden Thailands ist vom Drogenhandel stark betroffen. Dort leben etwa 100.000 drogenabhängige Menschen, die meisten von ihnen sind zwischen 14 und 30 Jahre alt. Viele arbeiten auf Kautschukplantagen und nehmen Crystal Meth, Yaba oder Kratom gegen Erschöpfung. Die meisten Abhängigen müssen stehlen, um ihren Konsum finanzieren zu können. Das hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Dorfgemeinschaft und kann einen Keil zwischen die Einwohner treiben. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind gravierend. Viele Drogensüchtige leben in der Gefahr, sich mit HIV zu infizieren, wenn sie sich Crystal Meth spritzen. In vielen Gebieten haben sie nur wenige sterile Nadeln zur Verfügung und müssen sich diese teilen. Thailand hat zwar erfolgreiche Kampagnen gegen HIV gefahren und die Zahl der Infizierten konnte Jahr für Jahr reduziert werden. Aber Drogensüchtige werden davon ausgeschlossen, bei ihnen kommt kaum etwas an. Die Regierung hat sich zwar vorgenommen, deutlich mehr saubere Nadeln an Abhängige zu verteilen, davon ist bis jetzt allerdings noch nicht viel zu sehen. 5) 3)

Generell trug das Handeln der thailändischen Regierung bis jetzt nie zur Besserung der Drogenproblematik bei. Die Drogengesetze im Land sind außerordentlich strikt. 2003 wütete ein Krieg gegen Drogen, der 2800 Menschen das Leben kostete. „Drogen sind ein riesiges Problem in Thailand. Viele Junge verfallen ihnen und das führt zu Familienproblemen und Kriminalität. Unsere Gefängnisse sind überfüllt mit Drogenkriminellen“, so der Chef der Drogenbekämpfungseinheit Pornchai Charoengwong. Lange galt eine auf absolute Repression ausgelegte Null-Toleranz-Politik. Bis noch vor einigen Monaten wartete auf Konsumenten lebenslange Haft, Dealern drohte sogar die Todesstrafe. Nach einer lang diskutierten Reform des Gesetzes zu Beginn des Jahres wurden die Strafen dann abgeschwächt. Das gibt Hoffnung auf ein langfristiges Umdenken der Drogenpolitik. 6) 7)

Vielen der thailändischen Drogenabhängigen werden zwangsverordnete Behandlungen in speziellen Haftanstalten auferlegt. Die dortigen Behandlungsmethoden sind jedoch sehr schlecht an die Bedürfnisse der Süchtigen angepasst. Wer die Regeln bricht, kann mit drakonischen Strafen und Misshandlung rechnen. Die Rückfallraten sind hoch. 3)

In letzter Zeit rücken jedoch Alternativen in den Vordergrund. Drogenabhängige können spezielle Programme in buddhistischen Tempelanlagen wahrnehmen. Dort leben sie in Isolation von der Außenwelt und versuchen sich mit Heilmethoden wie beispielsweise Kräuterbädern zu entgiften. „Wir halten die Teilnehmer dazu an, früh aufzustehen und zu meditieren. Es folgen Sport und ausgedehnte Saunagänge, um das Gift aus dem Körper zu schwemmen“, so Vijit Akarajitto, stellvertretender Abt der Tempelanlage Wat Thamkrabok. Die Behandlung ist kostenlos und dauert mindestens zehn Tage, viele bleiben aber länger, manche sogar für immer. Die Teilnehmer müssen einen speziellen aus dem Buddhismus entlehnten Schwur, den Sajja ablegen. „Sie müssen einhalten, was sie gelobt haben – dass sie nicht mehr mit Drogen zu tun haben werden und dass sie Menschen, die mit solchen Substanzen umgehen, nicht mehr unterstützen“, ergänzt Vijit Akarajitto. Die spirituellen Behandlungen scheinen ein Erfolg zu sein. 60 Prozent der Patienten in Wat Thamkrabok  sind ein Jahr nach dem Entzugsprogramm nicht wieder rückfällig geworden. 8)

Solche Methoden sollten der thailändischen Regierung als Beispiel dienen. Sie helfen den Abhängigen ihre Sucht zu überwinden und kommen ohne Misshandlung oder dem Wegsperren in eine Zelle aus. Programme wie das in Wat Thamkrabok können die Basis sein, um die thailändische Drogenproblematik zu lösen. Die Regierung sollte beginnen, darauf aufzubauen.

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. The Nation: 734 arrested in nationwide crackdown on drug-dealing networks; nicht mehr verfügbar
  2. The Nation: 6.5 million yaba pills, 10 kg of ‚ice‘ seized in two raids; nicht mehr verfügbar
  3. James Windle: Drugs and Drug Policy in Thailand; Stand 21.09.17
  4. Deutschlandfunk: Tee, Designerdrogen und ein Hauch von Heroin; Artikel vom 25.06.14
  5. BBC: The drug addictions devastating Thai villages; Artikel vom 13.06.17
  6. SRF: Drogenproblem in Thailand nicht gelöst; Artikel vom 16.09.16
  7. idpc: Thailand amends drug law to reduce penalties and ensure more proportionate sentencing; Artikel vom 15.02.17
  8. Deutschlandfunk: Meditieren und Erbrechen; Artikel vom 03.08.16

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