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Die mysteriöse Festnahme eines guatemaltekischen Drogenhändlers

Das guatemaltekische Departamento Chiquimula, das an Honduras grenzt, ist einer der Hotspots für den Kokainschmuggel über Land. Dort war früher auch José Manuel López Morales, alias „Ché Manuel“, lange Zeit einer der größten Drogenhändler des Departamentos, aktiv. Nachdem er drei Jahre lang auf der Flucht war, konnte er vor einigen Monaten gefasst werden. Relativ mysteriös sind allerdings der Ort und die Umstände seiner Verhaftung, über die nichts bekannt ist. | Bild: © n.v.

Guatemala ist bekanntermaßen ein wichtiger Transitstaat für Kokainlieferungen aus den Anbauländern im Süden in Richtung Norden, mit den USA als Zielland. Jedes Jahr passieren 400 Tonnen Kokain – 75 Prozent der Menge, die jährlich in den USA ankommen – das Land. Seine Lage macht Guatemala unter anderem für die mexikanischen Drogenkartelle interessant. Im Süden befinden sich mit Honduras und El Salvador zwei weitere wichtige Transitstaaten, im Norden ist die Grenze zu Mexiko vielerorts durchlässig und schlecht bewacht. Das guatemaltekische Departamento Chiquimula, an der Grenze zu Honduras, ist einer der Hotspots für den Kokainschmuggel über Land. Dort war früher auch José Manuel López Morales, alias „Ché Manuel“, lange Zeit einer der größten Drogenhändler des Departamentos, aktiv. Aktuell befindet er sich, nachdem er von seinem Heimatland ausgeliefert wurde, in den USA in Haft. Nachdem er drei Jahre lang auf der Flucht war, konnte er vor einigen Monaten gefasst werden. Relativ mysteriös sind allerdings der Ort und die Umstände seiner Verhaftung, über die nichts bekannt ist. 1) 2)

„Ché Manuel“ tauchte 2013 erstmals auf dem Radar der Ermittler in Guatemala und den USA auf. In seinem Heimatland trat er wahrscheinlich in die Fußstapfen der Brüder Eliú und Waldemar Lorenzana, nachdem beide von den Behörden gefasst werden konnten. Sie waren zwei der mächtigsten und einflussreichsten Drogenbosse des Landes und hatten unter anderen engen Verbindungen zum mexikanischen Sinaloa-Kartell. Auch mit dem honduranischen Drogennetzwerk Los Valles um den Valle Valle Familienclan machten sie Geschäfte. 1) 3) 4)

Die Lorenzana-Brüder kauften von Los Valles Kokain und verschifften es nach Norden. „Ché Manuel“ knüpfte daran an und führte die Geschäftsbeziehungen fort. Laut Angaben der US-amerikanischen DEA schickten Los Valles Kokainlieferungen nach Chiquimula und erhielten im Gegenzug Millionenbeträge und Waffen. 1)

Erstmals in Bedrängnis geriet „Ché Manuel“ 2014, als die USA, Honduras und Guatemala gemeinsam eine Strategie ausarbeiteten, um Los Valles zu stürzen. Dabei war auch die Festnahme von „Ché Manuel“ vorgesehen. Im Endeffekt verlief die Operation erfolgreich. Zwei der Valle Valle-Brüder – Miguel Arnulfo und Luis Alonso – wurden verhaftet und in die USA ausgeliefert. Doch „Ché Manuel“ bekamen die Sicherheitskräfte nicht zu fassen, seine Festnahme scheiterte. 1) 4) 5)

„Ché Manuel“ tauchte unter und befand sich die nächsten drei Jahre auf der Flucht. Seine Geschäfte in Chiquimula führte er jedoch weiter. Er arbeitete mit Victor Hugo Díaz Morales, alias „El Rojo“, zusammen, der nach dem Fall von Los Valles mit seiner Organisation eine Hauptrolle im guatemaltekischen Kokainhandel eingenommen hatte. „El Rojo“ lebte – bis auch er schließlich verhaftet und  in die USA ausgeliefert wurde – ebenso in Chiquimula. Die geographische Nähe erlaubte die Zusammenarbeit erst und war natürlich kein Zufall. 1) 6)

Um sich Loyalität und Schutz zu sichern, wurde „Ché Manuel“ für die Bewohner des Departamentos eine Art Robin Hood und machte Lebensmittel- und Geldgeschenke. Ansonsten war er in Chiquimula hervorragend vernetzt. Der Bürgermeister der Stadt San Juan Ermita ist ein Onkel und auch zum Bürgermeister von Concepción Las Minas, an der Grenze zu Honduras, hatte er Verbindungen. 1)

Festhalten muss man, dass die Gewalt im Departamento seit seiner gescheiterten Festnahme 2014 gestiegen ist. Es gibt zwar in Chiquimula keinen unmittelbaren Beweis für die Korrelation zwischen Drogenhandel und Gewalt, doch es ist auffällig, dass die Zahl der Morde in San Juan Ermita seit 2014 auf ein Rekordhoch gestiegen ist. Letztes Jahr hatte die Stadt die höchste Mordrate im ganzen Departamento, das selbst wiederum eine der höchsten Mordraten in ganz Guatemala vorzuweisen hat. 1)

Hatte „Ché Manuels“ gescheiterte Festnahme 2014 noch für Aufsehen gesorgt, lief die erfolgreiche dieses Jahr dagegen still und heimlich ab. Obwohl es sich bei ihm um einen der größten Drogenhändler Chiquimulas handelte, bleiben die Umstände von „Ché Manuels“ Verhaftung ein kleines Mysterium. Über Ort und Zeitpunkt ist nichts bekannt. Nirgendwo erschienen Meldungen darüber, dass „Ché Manuel“ gefasst wurde. Den einzigen Hinweis geben Gerichtsdokumente aus Florida. Darin wird als Tag von „Ché Manuels“ Festnahme der 17. August angegeben. Doch dabei handelt es sich nicht um das tatsächliche Datum, denn in US-Gerichtsdokumenten wird in solchen Fällen als Verhaftungszeitpunkt meistens der Tag festgelegt, an dem der ausgelieferte Häftling  in den USA ankommt und von US-Beamten in Gewahrsam genommen wird. Über den Ort seiner Festnahme geben die Dokumente keine Auskunft. 1)

In Guatemala hielt sich „Ché Manuel“ zum Zeitpunkt seiner Festnahme wohl nicht auf. Der guatemaltekische Polizeisprecher Pablo Castillo gab an, alle wichtigen Festnahmen von Drogenhändlern und anderen Kriminellen würden kommuniziert und entsprechend bekanntgegeben werden. In Guatemala habe es um den 17. August herum keine Verhaftung von „Ché Manuel“ gegeben. Auch in den Nachbarländern Belize, Honduras und El Salvador, wo schon einige der größten guatemaltekischen Drogenhändler gefasst wurden, fanden sich in der Presse keine Meldungen über die Festnahme. 1)

Gegen „Ché Manuel“ laufen aktuell in Virginia und Florida Verfahren. Bereits im August plädierte er während einer Anhörung vor einem Gericht in Miami auf „nicht schuldig“. Doch mittlerweile hat er wohl einen Rückzieher gemacht, seine Anwälte baten unlängst um eine neue Anhörung. Anscheinend überlegt sich „Ché Manuel“ gerade, auf „schuldig“ zu plädieren und mit den US-Ermittlern zusammenzuarbeiten und einen Deal abzuschließen. 1)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. InSight Crime: The Mysterious Capture and Extradition of Guatemala’s ‘Ché Manuel’; Artikel vom 13.12.17
  2. Guatemala Human Rights Commission / USA: Drug Trafficking in Guatemala; aufgerufen am 15.12.17
  3. InSight Crime: US Convicts Sons of Guatemala’s Lorenzana Drug Clan; Artikel vom 24.03.16
  4. Washington Post: Two Honduran brothers accused of leading prolific cocaine ring appear in court in Va.; Artikel vom 19.12.14
  5. InSight Crime: Completing Chapter, Honduras Extradites Valle Brothers to US; Artikel vom 19.12.14
  6. InSight Crime: Top Honduras Drug Trafficker Captured in Guatemala; Artikel vom 06.03.17

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