Zum Inhalt springen

Paraguay: Drogenschmuggel in der Luft verdeutlicht Korruptionsproblem

Eine internationale Kooperation von argentinischen und paraguayischen Behörden mit der US-amerikanischen DEA führte zur Zerschlagung der „größten Organisation“, die mithilfe von Flugzeugen von Paraguay aus Drogen in andere südamerikanische Länder schmuggelte. Die beiden Brüder Wilfrido Bareiro Vargas und Rigoberto Bareiro Vargas wurden festgenommen, ihnen wird vorgeworfen im Südosten Paraguays geheime illegale Flugplätze betrieben zu haben, die dem Ausflug von Kokain und Marihuana dienten. Zudem wurden eine halbe Tonne Marihuana, militärische Waffen, Fahrzeuge und eine halbe Million Dollar beschlagnahmt. Die Operation kann also als Erfolg gewertet werden. Doch es wurde auch einmal mehr aufgezeigt, welche Schwierigkeiten insbesondere Paraguay bei der Bekämpfung des Drogenschmuggels in der Luft hat. | Bild: © n.v.

Eine internationale Kooperation von argentinischen und paraguayischen Behörden mit der US-amerikanischen DEA führte zur Zerschlagung der „größten Organisation“, die mithilfe von Flugzeugen von Paraguay aus Drogen in andere südamerikanische Länder schmuggelte. Die beiden Brüder Wilfrido Bareiro Vargas und Rigoberto Bareiro Vargas wurden festgenommen, ihnen wird vorgeworfen im Südosten Paraguays geheime illegale Flugplätze betrieben zu haben, die dem Ausflug von Kokain und Marihuana dienten. Zudem wurden eine halbe Tonne Marihuana, militärische Waffen, Fahrzeuge und eine halbe Million Dollar beschlagnahmt. Die Operation kann also als Erfolg gewertet werden. Doch es wurde auch einmal mehr aufgezeigt, welche Schwierigkeiten insbesondere Paraguay bei der Bekämpfung des Drogenschmuggels in der Luft hat. 1)

Denn dieser Vorfall ist nur einer von vielen. Zuvor war bereits im März eine kriminelle Gruppe, bestehend aus Paraguayern und Argentiniern, aufgeflogen, die praktisch genauso vorging, wie die Vargas-Brüder auch. Der paraguayische Marihuanahandel ist eine Multi-Milliarden-Dollar Industrie, das Land ist in Südamerika der größte Produzent der Droge. Für die organisierte Kriminalität in Brasilien ist Paraguay jedoch vor allem auch wegen seiner geographischen Lage interessant. Das Land liegt in unmittelbarer Nähe zur Kokain-Luftbrücke, die Brasilien mit den Produktionsländern Peru und Bolivien verbindet. Paraguay hat sich für die brasilianischen Gangs als wichtiges Transitland etabliert, wo das Koka Halt macht, bevor es nach Brasilien, den größten Kokainmarkt Lateinamerikas, gelangt. Und dafür ist die Verwendung von Flugzeugen eine beliebte Schmuggelmethode. 2) 3)

Die paraguayischen Behörden sind technologisch nicht gut genug ausgestattet, um das zu unterbinden. Denn Paraguay besitzt aktuell noch kein eigenes Radarsystem. Laut dem Leiter der zivilen Luftfahrbehörde (Dirección Nacional de Aeronáutica Civil – DINAC) müsse sich der Andenstaat deshalb auf Informationen aus anderen Ländern verlassen. Man arbeite mit Argentinien zusammen und stehe kurz vor einer ähnlichen Kooperation mit Brasilien. Der Erwerb eines eigenen Radarsystems würde nicht mehr lange auf sich warten lassen, anschließend werde man die Situation in den Griff bekommen. 1)

Doch die fehlenden technologischen Möglichkeiten sind nicht alles, denn es ist vor allem ein anderer Faktor, der den Flugzeugschmuggel begünstigt: Korruption – unter anderem auf Flughäfen. 1)

Der Flughafen in Pedro Juan Caballero, nahe der brasilianischen Grenze, stand schon mehrmals im Mittelpunkt von Skandalen. Im Sommer dieses Jahres wurde durch den Anti-Drogen Ermittler Marcelo Pecci bekannt, dass es sich bei diesem um ein „Epizentrum“ der organisierten Kriminalität handelt. Laut Pecci liegt das vor allem an der Korruption innerhalb der Luftfahrtbehörden. Der Flughafen diente anscheinend der brasilianischen PCC-Gang als Basis für Kokainlieferungen aus Bolivien. Pecci gab zu bedenken, dass Drogennetzwerke weiterhin so agieren würden, in Pedro Juan Caballero wie auch in jedem weiteren von Korruption betroffenen Flughafen des Landes. 1) 4)

Bereits 2015 flog ein Netzwerk bestehend aus privaten Geschäftsmännern sowie Mitarbeitern der DINAC und des nationalen Anti-Drogen Sekretariats (Secretaría Nacional Antidrogas – SENAD) auf, das alte Flugzeuge aus den USA nach Paraguay brachte, sie umrüsten und neu registrieren ließ und anschließend für den Drogenschmuggel einsetzte. Der Flughafen in Pedro Juan Caballero diente wohl vor allem dazu, jeden Monat dutzende bis hunderte Drogenlieferungen auszufliegen. 4)

In Paraguay gestaltete es sich in der Vergangenheit schwer, die Korruption innerhalb der DINAC und anderen Behörden zu bekämpfen. Das liegt zum einen an der Lukrativität des Drogenhandels und zum anderen daran, dass die Verstrickung zwischen Politik und organisierter Kriminalität in Paraguay nicht die Ausnahme darstellt, was effektive Anti-Drogen und Anti-Korruptionsmaßnahmen erheblich erschwert. Es gibt einige symptomatische Fälle, die das aufzeigen. 1)

2013 wurden einige Richter beschuldigt, bewusst viel zu lasche Urteile gegen Drogenhändler ausgesprochen zu haben. 2014 wurde mehreren hochrangigen Polizisten vorgeworfen, nach Razzien die beschlagnahmten Drogen und Waffen auf eigene Faust verkauft zu haben. Im selben Jahr flogen drei paraguayische Kongressabgeordnete auf, die mit brasilianischen Gangs in Verbindung gebracht werden konnten. 5) 6)

2014 war auch das Jahr, in dem der Investigativjournalist Pablo Medina und seine Assistentin Antonia Almada von der Zeitung ABC Color ermordet wurden. Im Zentrum von Medinas Recherchen über den paraguayischen Marihuanahandel stand der Bürgermeister der Stadt Ypejhú, Vilmar Acosta. Ypejhú liegt im Bundesstaat Canindeyu, der ein Hotspot des paraguayischen Marihuanaanbaus und des Kokainschmuggels, vor allem durch die brasilianische Gang Comando Vermelho, ist. Acosta wird vorgeworfen, den Mord an Medina in Auftrag gegeben zu haben. Auf seiner Farm wurden hunderte Kilogramm Marihuana gefunden, außerdem ergab eine parlamentarische Untersuchung, dass auch Parteikollegen und Familienmitglieder Acostas sowie weitere Parlamentarier in den Drogenhandel verwickelt waren. Acosta selbst war zuvor nach Brasilien geflohen, wo er festgenommen und anschließend nach Paraguay ausgeliefert wurde. Wegen der Ermordung von Medina und Almada läuft zurzeit ein Prozess. 5) 7) 8) 9)

Gedeckt wurde Acosta von der Kongressabgeordneten von Canindeyú, Maria Cristina Villalba, die bereits in mehrere Skandale verwickelt war. Unter anderem flog 2015 nach Recherchen von ABC Color auf, dass Polizisten in Canindeyú regelmäßig Schmiergelder akzeptierten und außerdem ihren Vorgesetzten monatliche Abgaben zahlen mussten, um ihren Job behalten zu dürfen. Geschützt wurde dieses Netzwerk von Justiz und Politik, insbesondere von Villalba. Wegen seiner schwachen politischen Strukturen gilt Canindeyú als besonders anfällig für Korruption und den Einflussgewinn der organisierten Kriminalität. 7) 5)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. InSight Crime: Takedown in Paraguay Highlights Struggle Against Aerial Trafficking; Artikel vom 1.12.17
  2. InSight Crime: Paraguay-Argentina Crime Group Used Planes to Smuggle Marijuana; Artikel vom 28.03.17
  3. InSight Crime: Paraguay Seizes Over a Dozen ‘Drug Planes’; Artikel vom 07.07.15
  4. InSight Crime: Corruption Undermining Paraguay Efforts to Combat Drug Flights; Artikel vom 01.06.17
  5. InSight Crime: Widespread Police Bribery Network in Paraguay Marijuana Hub; Artikel vom 06.01.15
  6. InSight Crime: Three Congressmen Linked to Drug Traffickers in Paraguay; Artikel vom 09.12.14
  7. InSight Crime: Paraguay Congress Member Allegedly Protects Drug Traffickers; Artikel vom 27.10.14
  8. ARTICLE 19: Paraguay: Trial for journalist Pablo Medina’s murder begins; Artikel vom 25.10.17
  9. Transnational Institute: Paraguay: The cannabis breadbasket of the Southern Cone; veröffentlicht im Juli 2016

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert