541 Kilogramm Kokain beschlagnahmte Marokkos Bundespolizei Mitte Februar im Hafen von Casablanca. Der Drogenfund in Marokko zeigt erneut, wie wichtig der afrikanische Kontinent als Umschlagplatz für den internationalen Drogenschmuggel geworden ist. Ob das aus Südamerika stammende Kokain für den europäischen Markt bestimmt war, ist noch unklar.1
Unabhängig davon ist Afrika aufgrund seiner geographischen Lage, direkt zwischen den Erzeugerländern Südamerikas und Europas, Ziel internationaler Drogenkartelle geworden. Hierbei bilden vor allem Nord- und Westafrika wichtige Knotenpunkte auf den Schmuggelrouten für den internationalen Drogenhandel. Immer häufiger und in immer kürzeren Abständen werden Kokain, Heroin oder auch Amphetamine beschlagnahmt. Das liegt meist nicht an einer verbesserten Bereitstellung von staatlichen Mitteln zur Bekämpfung von Drogenkriminalität in den einzelnen Staaten, sondern vielmehr an der Profitgier der Drogenkartelle und der steigenden Nachfrage in Europa. Die Schmuggelrouten in Afrika werden mit immer mehr Kokain geflutet, um die Kunden auf dem europäischen Markt zu befriedigen. Man geht mittlerweile davon aus, dass jährlich zwischen 60 und 250 Tonnen Kokain aus der Anden-Region in Südamerika durch Afrika nach Europa gelangen.2
Es scheint so, als hätte Europa die USA mittlerweile als größten Kokainkonsumenten der Welt abgelöst. Schon 2011 warnte der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy, dass sich die Zahl der Kokainkonsumenten in Europa in den 2000er Jahren mehr als verdoppelt hatte. Dieser Trend brach auch in den Folgejahren nicht ab. Die direkten Folgen der Nachfrage nach Kokain bekommt der afrikanische Kontinent zu spüren. In Westafrika, dort wo das Kokain aus Südamerika zunächst ankommt, finden die internationalen Drogenbanden perfekte Bedingungen vor. Die meist jungen Staaten, allen voran Guinea-Bissau und Mali, hatten in den letzten Jahren mit Kriegen, Revolutionen und Terrorismus zu kämpfen – ein perfekter Nährboden für den illegalen Drogenhandel. Die zerbrechlichen Staaten können mit ihren schlecht funktionierenden Behörden kaum wirksame Arbeit im Kampf gegen den Drogenhandel leisten. Zudem stecken – wie im Falle Guinea-Bissaus – häufig ranghohe Militärs oder sogar das gesamte Militär tief im Kokaingeschäft. Dabei war Kokain bis ein vor paar Jahren in der Region Westafrikas noch nahezu unbekannt. Mittlerweile bringt nicht nur der Handel, sondern auch der Konsum selbst Probleme mit sich. Viele westafrikanische Zwischenhändler und Transporteure werden mit Kokain statt Geld bezahlt und vermarkten es im eigenen Land weiter. Die Zahl der Drogensüchtigen liegt in Westafrika mittlerweile bei bis zu 3 Millionen. Hier zeigt sich, dass auch die Transitländer zunehmend mit Drogenmissbrauch in der Bevölkerung zu kämpfen haben. Zudem dient auch Nordafrika den Drogenkartellen vermehrt als logistisches Drehkreuz für den Schmuggel von Kokain nach Europa. Marokko, aber auch Algerien und Tunesien, bieten mit ihrer Lage vor den Toren Europas quasi perfekte Bedingungen für die Schmuggler.345
Pierre Lapaque vom UNODC in Westafrika schätzt, dass weltweit mehr als 400 Milliarden Euro mit dem illegalen Kokainhandel umgesetzt werden. Dabei nehmen die afrikanischen Staaten als Transitzonen einen immer wichtigeren Teil in der langen Kette des organisierten Drogenverbrechens ein. Zunehmend geraten die Länder der Region durch den massiven Anstieg der Drogenkriminalität unter Druck. In Guinea-Bissau und Mali sind staatliche Strukturen nahezu zusammengebrochen. Die Folgen sind Korruption, Gewaltverbrechen und blutige Kriege. Doch Pierre Lapaque sieht für die Zukunft des afrikanischen Kontinents noch eine größere Gefahr. Er geht davon aus, dass Afrika nicht nur Drehscheibe und Transitregion für die internationalen Drogenhändler bleibt, sondern dass die Zukunft für das organisierte Drogenverbrechen in Afrika liegt. Als Grund dafür nennt er die stark wachsende Bevölkerung. Heute leben in Afrika ca. 1 Milliarde Menschen, in 25 Jahren werden es etwa doppelt so viele sein. Zudem ist die Hälfte der Bevölkerung unter 25 Jahre alt, das bedeutet, sie sind potentielle Drogenkonsumenten. In Zukunft könnte aus der Transitzone Afrika zusätzlich der größte Absatzmarkt für Drogen weltweit werden. Demnach kann auf eine Verbesserung der Situation, die in Afrika schon viel Leid heraufbeschworen hat, nicht gehofft werden. Vielmehr wird die Drogenproblematik den Kontinent auch in Zukunft vor schier unlösbare Aufgaben stellen.6
- Maghreb-Post: Marokko- BCIJ meldet Drogenfund von 500 kg; Artikel vom 12.02.2018 [↩]
- Arte: Drogenhandel in Afrika; Dokumentation aus dem Jahre 2017 [↩]
- Neue Zürcher Zeitung: Afrikanische Jihadisten als Drogendealer; Artikel vom 16.02.2018 [↩]
- Zeit Online: Westafrika braucht eine neue Drogenstrategie; Artikel vom 23.06.2014 [↩]
- Deutsche Welle: Kokain in Europa auf dem Vormarsch; Artikel vom 17.05.2011 [↩]
- Arte: Drogenhandel in Afrika; Dokumentation aus dem Jahre 2017 [↩]