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Iran: Mehr Therapie statt Todesstrafe

Im Jahr 2016 sollen laut der iranischen Frauen- und Familienministerin Shahindokht Molaverdi alle Männer eines Dorfes in der Provinz Sistan und Belutschistan wegen Drogenhandels hingerichtet worden sein. Das Problem dabei ist die Tatsache, dass sich der Iran mehr als 900 Kilometer Grenze mit Afghanistan und Pakistan teilt und die Provinzdörfer so zu Hotspots für den Handel mit Heroin und Opium werden. | Bild: © n.v.

Im Jahr 2016 sollen laut der iranischen Frauen- und Familienministerin Shahindokht Molaverdi alle Männer eines Dorfes in der Provinz Sistan und Belutschistan wegen Drogenhandels hingerichtet worden sein. Das Problem dabei ist die Tatsache, dass sich der Iran mehr als 900 Kilometer Grenze mit Afghanistan und Pakistan teilt und die Provinzdörfer so zu Hotspots für den Handel mit Heroin und Opium werden. Die in diesen Grenzgebieten liegenden Dörfer und Siedlungen sind oftmals infrastrukturell und wirtschaftlich so unterentwickelt, dass die Bewohner gezwungen sind, sich am Nebenverdienst des Drogenhandels für den Erhalt ihrer Lebensumstände zu bedienen. 1)

Aufgrund seines Status als Transitstaat ist der Iran schwer von der Drogenproblematik betroffen. 80 Prozent der weltweiten Menge an Heroin und Opium kommen aus Afghanistan in den Iran, wo sie entweder bleibt oder über die Balkanroute weiter westwärts nach Europa transportiert wird. Aktuellen Schätzungen zufolge gibt es im Iran momentan zwischen 1,5 und 3 Millionen Süchtige. Diese sind vor allem von Heroin bzw. Opium abhängig und machen eher den älteren Teil der Bevölkerung aus, wohingegen die jüngeren eher Crystal-Meth- und cracksüchtig sind. Drogendelikte wie zum Beispiel Handel oder Besitz größerer Mengen werden mit teilweise drakonischen Strafen geahndet. Früher wurden – wie in vielen anderen islamischen Ländern – Drogen nicht toleriert und die Sucht tabuisiert. Menschen wurden in religiöse Umerziehungs- oder Zwangslager gesteckt, um so die Sucht zu behandeln. Dies bewirkte jedoch oftmals das Gegenteil und die Verurteilten bekamen erst in diesen Lagern Zugang zu unsauberen Drogen oder steckten sich mit Krankheiten an. Desweiteren wird auch die Todesstrafe bei Vergehen wegen Drogen verhängt. 90 Prozent der 977 im Jahr 2016 hingerichteten Personen waren Dealer und 70 Prozent aller Gefängnisinsassen haben Strafen wegen Drogendelikten abzusitzen. Seit Anfang 2000 investiert der iranische Staat die Hälfte seines Budgets für die Drogenbekämpfung in Aufklärung und Prävention, wodurch viele ambulante Suchtkliniken entstanden sind, die Ersatzpräparate wie Methadon ausgeben. 2) 3) 4)

Seit Anfang des Jahres ändert sich die Situation im Land zusehends. Aktuell sind 4000 Iraner aufgrund von Straftaten mit Drogenbezug zum Tode verurteilt. Am 11. März hat das Parlament beschlossen, die Todesstrafe für Drogenverbrechen erheblich zu lockern. Diese Lockerung besagt, dass der Verkauf und die Herstellung von Kokain oder Amphetamin erst ab zwei Kilogramm mit dem Tod geahndet werden. Bei Opium und Marihuana wird diese Grenze sogar auf 50 Kilogramm aufgestockt. Die bisher harten Strafen gelten weiterhin für Bosse von Drogenkartellen, sowie für Personen, die Minderjährige zum Handel verleitet und dabei Waffen benutzten. Durch diese neue Auslegung der Drogengesetze können die Todesurteile vieler Inhaftierter durch lange Haftstrafen ersetzt werden und somit viele Leben gerettet werden. 5) 6)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. euronews:Iran:Alle Männer eines Dorfes wegen Drogenhandel hingerichtet; Artikel vom 24.02.2016
  2. diepresse:Irans Drogenproblem; Artikel vom 28.10.2016
  3. badischezeitung:Wie der Iran mit der Drogensucht im Land umgeht; Artikel vom 09.09.2016
  4. journal21:Der ewige Krieg – Drogen und der Iran; Artikel vom 23.20.2017
  5. globalvoices:Iran hebt tausende Todesurteile im Zusammenhang mit Drogen auf; Artikel vom 03.03.2018
  6. euronews:Erst ab 2 Kilo Kokain:Irans Parlament will weniger Todesstrafen für Drogendelikte; Artikel vom 13.08.2017

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